Das vorläufige Wahlergebnis, welches die vollsttändige Auszählung der abgegebenen Stimmen aus den Wahllokalen und eine Wahlprognose der abgegebenen Briefwahlkarten beinhaltet, hat Alexander Van der Bellen als eindeutigen Sieger der österreichischen Bundespräsidentschaftswahl ausgewiesen.
Das vorläufige Ergebnis lautet
Alexander Van der Bellen 56,2 %
Walter Rosenkranz 17,9 %
Dominik Wlazny 8,4 %
Tassilo Wallentin 8,3 %
Gerald Grosz 5,5 %
Michael Brunner 2,1 %
Herbert Staudinger 1,5 %
Was bedeutet das Ergebnis für die einzelnen Kandidaten?
Alexander Van der Bellen
Für den amtierenden und wiedergewählten Bundespräsidenten Alexander Van
der Bellen, ist das Ergebnis als zweischneidig anzusehen. Von der
Prozentzahl her ist es einerseits kein berauschendes Resultat. Es ist
allerdings zu berücksichtigen, dass es auch noch niemals zuvor sieben
Kandidaten gegeben hat, welche auf dem Wahlzettel für die Kandidatur zum
Bundespräsidenten zur Verfügung standen. Wenn man also von der Anzahl
seiner Gegner ausgeht, sind die 56,2 % durchaus beachtlich.
Berücksichtigt man beim Wahlergebnis allerdings, dass der selbst
ernannte unabhängige Kandidat Van der Bellen, einst Parteichef von „Die
Grünen“ war und es keinen durch die ÖVP, SPÖ oder NEOS bestimmten
Gegenkandidaten gab, weil diese ihn zumindest indirekt unterstützten,
weil sie gar keine Chance sahen, gegen ihn zu gewinnen, dann schaut das
Ergebnis schon ganz anders aus. In Wahrheit haben sich alle diese
Parteien, für eine Fortführung seiner Amtszeit ausgesprochen und ihn
somit unterstützt. Es sind somit vier Parteien, welche sich also auf
einen Kandidaten eingeschworen haben und dieser erhält dafür „lediglich“
56,2 % der gültigen Wählerstimmen. Ich würde das als Alarmzeichen für
die eine oder andere Partei einordnen. Dazu später allerdings mehr.
Walter Rosenkranz
Die FPÖ wollte, mit ihm, ganz gewiss in eine Stichwahl gegen Alexander
Van der Bellen einziehen. Das ist nicht gelungen. Ich bin garantiert
kein Freund der FPÖ, aber ein Ergebnis von 17,6 % ist unter den
folgenden Umständen ein mehr als respektables Ergebnis. Warum? 17,6 %
sind, meiner Meinung nach, der harte Kern der FPÖ Wähler und diese waren
am Wahltag erneut bereit, ihrem Kandidaten die Stimme zu geben. Die
Tatsache, dass mit dem Ex BZÖ Chef und ehemaligen FPÖ Parteimitglied
Gerald Grosz, Tassilo Wallentin und Michael Brunner drei Kandidaten am
Start waren, welche eindeutig im selben Wählerteich wie die FPÖ
fischten, sind die 17,6 % ein hervorragendes Ergebnis. Wenn ich das
Ergebnis dieser drei Kandidaten zusammenzähle, dann komme ich auf 15,9 %
der Wählerstimmen. Viele von ihnen würden bei einer nächsten
Nationalratswahl eher nicht die SPÖ, Grünen oder NEOS wählen. Einige von
ihnen werden ihre Stimme der ÖVP zukommen lassen. Was glaubt ihr
allerdings, wo die restlichen Stimmen landen werden? Die große
Enttäuschung, aus der Sicht der FPÖ, ist allerdings das Wiener
Wahlergebnis. Dazu komme ich aber beim nächsten Kandidaten, Dominik
Wlazny, zurück.
Dominik Wlazny
Der Chef der Bierpartei hat es ohne großen finanziellen Aufwand
geschafft, ein mehr als respektables Ergebnis zu erzielen. 8,4 % sind
eine Größe, an welcher man in Zukunft nicht so leicht vorbeikommt. Es
ist davon auszugehen, dass seine Bewegung in den nächsten Jahren wächst
und wenn man sich vor Augen führt, dass in zwei Jahren die
Nationalratswahlen und in drei Jahren die Wiener Gemeinderatswahlen
anstehen, dann sollte der SPÖ und auch den Grünen bereits ein wenig
mulmig werden. Dominik Wlazny hat in Wien ca. 11 % der Wählerstimmen
bekommen. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass er auch bei einer
Nationalratswahl oder den Wiener Gemeinderatswahlen so viele Stimmen
bekommen würde, aber bei diesen Ergebnissen ist fix davon auszugehen,
dass er mit der Bierpartei, sowohl im Nationalrat, als auch im Wiener
Gemeinderat, vertreten sein wird. Wenn ich jetzt auf das Ergebnis der
letzten Wiener Gemeinderatswahl von 2020 Bezug nehme, dann ist davon
auszugehen, dass „Die Grünen“, sich von ihren 14,8 % der Wählerstimmen
verabschieden müssen und ein paar Prozentpunkte zu Dominik Wlazny
wandern. Für die SPÖ wiederum, ist in der Bundeshauptstadt, jeder
verlorene Prozentpunkt ein Desaster. Lediglich aufgrund der
Wahlarithmetik hat man, gemeinsam mit den NEOS, in Wien die Mehrheit
erzielen können. Verlieren SPÖ und Grüne ihre Wählerinnen an die
Bierpartei, schaut das für die beiden Parteien gar nicht gut aus. Es
ist, vom jetzigen Stand der Dinge, kaum anzunehmen, dass die NEOS in
jenem Ausmaß an Stimmen gewinnen, wie die SPÖ verlieren wird. Es würden
somit drei Parteien notwendig sein, um in Wien eine Regierung zu bilden.
Auf der Nationalratsebene ist vor allem für „Die Grünen“ Feuer am Dach.
Bereits im Vorfeld der Bundespräsidentschaftswahl hat man Dominik
Wlazny als Schuldigen auserkoren, wenn es Alexander Van der Bellen nicht
gelingen sollte, im ersten Wahldurchgang die absolute Mehrheit zu
erzielen. Er hätte erst gar nicht kandidieren sollen. Mit dieser
Einstellung haben es sich „Die Grünen“ bei zahlreichen ihrer
potenziellen Wählerinnen verscherzt. Das gute Ergebnis von 2019 wird,
als schwacher Juniorpartner der ÖVP, sowieso nicht zu halten sein. Fakt
ist allerdings, dass es die Bierpartei sein wird, welche zahlreiche der
ehemaligen „Grünen“ Wählerstimmen bekommen wird. Die Bierpartei hat
2019, 4.946 Stimmen erhalten. Im Gegensatz dazu konnten sich „Die
Grünen“ über 664.055 Stimmen freuen. Dieses Ergebnis wird sich 2024 wohl
deutlich angleichen.
Tassilo Wallentin
Der von Frank Stronach und auch der Kronen Zeitung unterstützte Kandidat
konnte mit 8,3 %, ebenso wie Dominik Wlazny, ein achtbares Ergebnis
einfahren. Es wird spannend zu beobachten sein, ob Tassilo Wallentin den
nächsten Schritt wagen und eine Partei gründen wird. Sollte dem so
sein, wird Frank Stronach wohl in sein Portemonnaie greifen und ein paar
Scheinchen herausnehmen, um seinem Kandidaten hilfreich unter die Arme
zu greifen. Für Tassilo Walentin bliebe zu hoffen, dass Frank Stronach
sich nicht selbst in den Mittelpunkt stellt und medienwirksame
Interviews, zulasten seines Schützlings gibt.
Gerald Grosz
Der ehemalige Spitzenpolitiker hat sich ebenfalls in die Wahlschlacht
geworfen. Wenn man bei Tassilo Wallentin davon spricht, dass er von der
Kronen Zeitung unterstützt wird, dann ist Gerald Grosz als Kandidat von
Oe24 anzusehen. Es ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass Gerald
Grosz eine Partei gründen wird. Seine Entscheidung bei der
Bundespräsidentschaftswahl anzutreten ist eher als Wunsch zu sehen, dass
er eher mithelfen wollte eine zweite Amtszeit von Alexander Van der
Bellen zu verhindern, als selbst in die Hofburg einzuziehen. Mit diesem
Ergebnis gibt er selbst vor zufrieden zu sein, aber sein Wahlziel,
Alexander Van der Bellen in eine Stichwahl zu zwingen, hat er klar
verfehlt.
Michael Brunner
Der Chef der MFG hat bei dieser Wahl einen argen Dämpfer bekommen.
Demonstrationen gegen die Covid-19 Maßnahmen reichen eben nicht aus, um
bei einer Bundespräsidentschaftswahl ein zufriedenstellendes Ergebnis zu
erhalten. Die MFG wird als Partei so schnell Geschichte sein, wie sie
gekommen ist. Bei der nächsten Nationalratswahl wird sie, falls sie
antreten sollte, sich unter der Wahrnehmungsgrenze bewegen.
Herbert Staudinger
Der schrullige Unternehmer aus dem Waldviertel, hatte einst als
„Schuhrebell“ und als Ideenlieferant für „Crowd-Funding“ Projekte,
durchaus für Aufsehen gesorgt. Diese Zeiten sind allerdings längst
vorbei und viel können sich wohl gar nicht mehr daran erinnern. Jetzt
scheint aus ihm, „lediglich“ ein seltsamer Kerl geworden zu sein,
welcher weder der linken, noch der rechten politischen Seite zuzuordnen
ist. Die Sorge um die Erde wechselt mit Esoterik und seiner
Impfverweigerung. Wofür der Kandidat tatsächlich gestanden ist, war
schwer herauszulesen. Immerhin war er sich dessen bewusst, dass das
Wahlergebnis nicht gerade ruhmreich war. Ein weiteres politisches Wirken
von Herrn Staudinger ist jedenfalls auszuschließen.
War es von der ÖVP und SPÖ klug, auf einen eigenen Kandidaten zu verzichten?
Aus finanzieller Sicht betrachtet, mag es das gewesen sein, weil man bei einer Bundespräsidentschaftswahl, ganz egal wie das Ergebnis ausfällt, keine Wahlkampfkosten rückerstattet bekommt. Wer sagt aber, dass man für einen derartigen Wahlkampf so viele Millionen ausgeben muss? Fakt ist, dass man sich mit der Entscheidung, keinen Kandidaten in den Kampf um das Amt des Bundespräsidenten geschickt hat, keinen Gefallen getan hat. Die Bevölkerung muss nämlich davon ausgehen, dass diese Parteien niemanden zur Verfügung haben, welcher zumindest ein gutes Ergebnis einfahren könnte. Außerdem überlässt man, mit dem Verzicht, anderen Parteien die Möglichkeit sich zu inszenieren und präsentieren. Auf diese Art und Weise hat man es geschafft, die FPÖ wieder größer zu machen und Herausforderern wie Dominik Wlazny und Tassilo Wallentin eine ausgezeichnete Plattform zu schaffen, wo diese mehr als nur Achtungserfolge einfahren konnten. Ob Tassilo Wallentin aber tatsächlich eine Partei gründen wird, steht in den Sternen, aber bei Dominik Wlazny, hat sich, vor allem die SPÖ, ein prächtiges Eigentor geschossen. Die Bierpartei wird bei den nächsten Wahlen zumindest in jenem Ausmaß eine Rolle spielen, dass sie der SPÖ weitere Wähler*innen abhandenkommen. Wir dürfen gespannt sein, wie viele Stimmen die Bierpartei, bei den zukünftigen Meinungsumfragen zur angenommenen Nationalratswahl am kommenden Sonntag bekommt, wenn diese ebenfalls auf dem Wahlzettel steht. Das wird für die SPÖ, aber auch für „Die Grünen“ ein böses Erwachen geben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen