Impressum

Freitag, 24. März 2017

Brasilien – der Unternehmer Marcelo Odebracht bringt dutzende Politiker wegen Korruption vor Gericht

In Südamerika ist man bezüglich Korruption ja einiges gewohnt, aber die Vorgänge welche derzeit in Brasilien stattfinden, stellen alles bisherige in den Schatten. Rodrigo Janot, seines Zeichens Brasiliens Generalbundesanwalt beim Obersten Gerichtshof hat gegen 83 hochrangige Politiker, einen Antrag auf Ermittlungen wegen Korruptionsverdacht gestellt. Es handelt sich bei diesen Politikern, um Abgeordnete, Senatoren, Minister und dem De-Facto-Präsidenten Michel Temer.
Für das nötige Salz in der Suppe sorgen die Ermittlungen gegen den Senatspräsidenten Eunício Oliveira, den früheren Senatspräsidenten und PMDB-Parteichef Renan Calheiros sowie gegen die Senatoren José Serra, Aécio Neves, Edison Lobão und Romero Jucá. Diese Herrschaften eint, dass sie einen großen Anteil an der Amtsenthebung der Präsidentin Dilma Rousseff hatten.

Der Geschäftsmann Marcelo Odebracht ist der Grund, warum derzeit so viele brasilianische Politiker ins Schwitzen geraten sind. Zwischen 2008 und 2015 war er der Chef des größten
Baukonzerns Brasiliens – der Odebracht-Gruppe. Zuerst überreichten Mitarbeiter der Odebracht-Gruppe den Entscheidungsträgern eine Unmenge an Geldbündel und danach erhielt der Konzern, lukrative Aufträge im Bausektor und wenn die ursprünglich veranschlagten Summen für das hiesige Projekt aus dem Ruder gelaufen sind, dann drückten die Politiker ihre Äuglein fest zu. Damit die Politiker auch etwas davon haben, gab es von der Odebracht-Gruppe wahlweise 3 % der Auftragssumme auf das persönliche Konto des Politikers, für Wahlwerbung oder die Parteikassa. Laut dem US-Justizministerium sind auf diese Art und Weise etwa eine Milliarde US-Dollar an Bestechungsgelder geflossen.

Der Baukonzern Odebracht soll für diese Geschäftspraktiken sogar eine eigene Unternehmensabteilung ins Leben gerufen haben. Na bitte, da sind also zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden. Zu den „besten“ Auftragsgebern des Odebracht-Konzern zählten die ehemaligen Regierungen unter Lula und Rousseff. Sie vermittelten dem Odebracht-Konzern unzählige vom Staat finanzierte Infrastrukturprojekte.

Generalbundesanwalt Rodrigo Janot verfügt bereits über mehr als 800 Kronzeugen-aussagen von 77 Ex-Funktionären des Baukonzerns Odebracht. Warum gibt es eigentlich so viele Kronzeugenaussagen? Die gibt es deshalb, weil die Kronzeugen zwar Strafen in Millionenhöhe bezahlen müssen, sie aber trotzdem die Erlaubnis bekommen ihren Geschäften weiter zu betreiben, wenn sie dafür von Beginn an die Ermittlungen unterstützen. Die Enthüllungen von Marcelo Odebracht haben seine vom Gericht verhängte 19-jährige Haftstrafe immerhin auf zehn Jahre reduziert.

Die Regierungs- und Oppositionsparteien haben zwischenzeitlich einen Gesetzesantrag zur Parteienfinanzierung im Kongress eingebracht. Dieser sieht vor, dass Wahlkampfspenden auch aus steuerlich nicht deklarierten Geldern, also dem Schwarzgeld eines Unternehmens, stammen dürfen. Es geht angeblich darum zwischen Bestechung und Wahlkampf-unterstützung zu unterscheiden... aber sicher doch... Die Wahlkampfunterstützung aus der Schwarzgeldkasse sei lediglich ein Fall von Steuerhinterziehung und keinesfalls eine Form der Korruption. Die Wirtschaftstreibenden sollen somit vor einer Strafverfolgung geschützt werden.

Wer von euch vertritt nicht die Ansicht, dass es sich dabei um eine Amnestie für Bestechung handelt?

2 Kommentare:

  1. Lieber Überflieger,

    tiefer fliegen und genauer hinsehen: Nicht Odebracht sondern Odebrecht heißt der fragliche Konzern.
    Grüße aus São Paulo
    Wolf Gauer
    Journalist

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke für den Hinweis! Imerhin habe ich den falschen Buchstaben vom Namen des Unternehmers bis zum Konzernnamen konsequent durchgezogen ;-)

      Löschen