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Montag, 12. November 2018

Brasilien - so tickt der neue Präsident

Jair Bolsonaro hat es also wirklich geschafft und wird am 1. Jänner das Präsidentenamt übernehmen. Sein Wahlslogan lautete: „Brasilien über alles. Gott über allem“. Unmittelbar nach dem Wahlerfolg am 28. Oktober sprach er: „Ich will zuerst Gott danken.“ Danach bedankte er sich beim Krankenhaus-personal, welches ihm nach einer Messerattacke (Bauchstich bei einem Wahlkampfauftritt) das Leben rettete. "Mit aller Sicherheit ist das eine Mission Gottes und wir sind bereit, sie zu erfüllen. Brasilien über alles".

Bolsonaro hat also seinen Anhängern versprochen das Land wieder zur Ordnung zurückzuführen und dies wolle er mit größeren Freiheiten für die Polizei bewerkstelligen. Darunter versteht der zukünftige Präsident, dass für derartige „Säuberungen“, auch gegen Kleinkriminelle ein liberalerer Schusswaffen-gebrauch möglich und gewünscht ist.

Über die Indigenen hat er verlautbaren lassen, dass diesen Völkern, „kein Zentimeter Land“ in ihren Schutzgebieten erhalten bleibe. Er wolle statt dessen deren Reservate viel lieber für die industrielle Landwirtschaft öffnen. Selbstverständlich empfindet er auch den Schusswaffengebrauch gegen Indigene als gerechtfertigt...

Ein praktisches Beispiel wie Herr Bolsonaro über Indigene denkt:

Nach einem Besuch in einer Quilombola-Armensiedlung beleidigte der Politiker im Wahlkampf deren Bewohner mit dem Ausdruck „mehr als sieben Arroba“ (ein Arroba sind etwa 11,5 Kg) als fettleibig. Sie wären so dick, dass es nicht einmal mehr zur Fortpflanzung reicht...

Wer will, kann auch einen Vergleich zu US-Präsident Donald Trump finden. Beide setzen bei ihren Wahlkämpfen verstärkt auf die sozialen Medien und beide operieren dabei mit „Fake-News“.

Ein „nettes“ Beispiel für den zukünftigen brasilianischen Überwachungsstaat gefällig?

„Der Überflieger“ wird auch von sehr vielen Lehrerinnen und Lehrern gelesen und daher bitte ich diese nun, um ihre ganz besondere Aufmerksamkeit.

Die Historikerin Ana Campagnolo, Abgeordnete und Parteifreundin Jair Bolsonaros, hat im Internet eine Plattform für Denunziationen freigeschaltet. Es geht dabei um „linke“ Lehrer an Schulen. Die Politikerin ruft in einem Video die Schüler dazu auf, ihre Lehrer heimlich zu filmen und ihre Worte aufzunehmen, falls sie sich negativ über den Ausgang der Präsident-schaftswahl äußern sollten. Mit Hilfe des Videobeweises sollen diese Pädagogen wegen „ideologischer Reden“ vor Gericht gezerrt werden.

Was ist sonst schon alles seit dem Wahlerfolg Bolsonaros in Brasilien passiert?

Fans des zukünftigen Präsident haben eine Liste von mehr als 700 Autoren, Journalisten, Künstlern, Schauspielern, Theologen... veröffentlicht, in welcher diese Personen zu Feinden erklärt werden.

Was ist das Vergehen dieser 700 Personen?

Sie haben vor den Wahlen ein Manifest namens „Demokratie Ja“ unterzeichnet. In diesem Manifest wird vor den Gefahren eines Wahlsieges der Rechten gewarnt. Die Liste mit den 700 Personen kursiert auf Whatsapp und diversen sozialen Netzwerken. Es wird dazu aufgerufen „die kommunistischen Feinde“ zu boykottieren und durch weitere Namen zu ergänzen. „Kauft nichts, was mit ihnen zu tun hat! Kauft ihre Bücher und Platten nicht, besucht ihre Werke nicht, seht euch nicht ihre Programme an und hört auf ihre Kolumnen zu lesen...

Erinnert euch das nicht auch an: „Kauft nicht beim Juden...“

Wundern darf sich über eine derartige Entwicklung aber niemand, weil Jair Bolsonaro hat ja bereits vor der Wahl angekündigt, das Land von politischen Gegnern zu säubern...

Die Waffenindustrie ist dem neuen Präsidenten bestimmt auch sehr zugetan. Immerhin will dieser die Liberalisierung des Waffengesetzes bereits vor seinem Amtsantritt „durchbringen“. Der Kauf und Besitz von Waffen soll erleichtert werden. Wie formuliert es Bolsonaro? "Jeder, der will, soll eine Waffe zu Hause haben, um die Integrität seiner Familie zu verteidigen".

Wer eine Waffe kaufen will kann dies zukünftig tun, ohne dafür gegenüber der Polizei einen Grund für den Wunsch nach einem Waffenbesitz zu nennen. Das Mindestalter für den Waffen-kauf soll auch von 25 auf 21 Jahre gesenkt werden. Menschen mit Vorstrafen und Gerichtsverfahren sollen ebenfalls Schusswaffen kaufen dürfen. Da fühlt man sich doch gleich viel sicherer..

Die unglaubliche Logik des zukünftigen Präsidenten lautet: "Wenn man auf die Verbrecher schießt und einen erwischt und dafür nicht belangt wird, kannst du dir sicher sein, dass das die Gewalt im Land senken wird. Das Verbrechertum wird zurückgehen". Vollkommen logisch... Könnte es sein, dass er vergessen hat einen Schritt weiter zu denken? Warum geht er eigentlich davon aus, dass der Verbrecher auf den geschossen werden soll, nicht bewaffnet ist?

Auf alle Fälle verstehen die Menschen in Brasilien was der zukünftige Präsident sagt und meint und haben deshalb bereits damit begonnen das Land sicherer zu machen. Wie? Na indem sie zunehmend Indigene attackieren. Hütten werden sowieso in Brand gesteckt und im nordöstlichen Bundesstaat Pernambuco hat man nun auch die Schule und eine Krankenstation einer Siedlung der Pankaruru angezündet.

Das Präsident Bolsonaro auch leichte Probleme mit unliebsamen Medien hat, wird in Zukunft auch immer mehr Menschen auffallen. Immer öfter nennt man ihn bereits „Trump der Tropen“.

Jeglicher kritsche Artikel über ihn wird als „Fake News“ abgekanzelt. Wer sich trotzdem mit dem Präsidenten anlegen will, muss damit rechnen, dass ihm die Inserate entzogen werden. Das Budget dafür beträgt insgesamt 450 Millionen Euro.

In Österreich ist der Betrag zwar bei weitem nicht so hoch, aber da fehlen uns doch gewiss ganz schnell ein paar Medien ein, welche lediglich dank der Parteiinserate überleben können... So etwas nennt sich dann unabhängiges Medium...


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