Die indische Regierung hat im Vorfeld
der Streiks mit Repressionen gedroht. Im südindischen Bundesstaat
Tamil Nadu hatte man erhebliche Lohnkürzungen für Angestellte sowie
dem Jobverlust für die Tagelöhner, bei uns nennt man diese
fallweise Beschäftigte, angekündigt. Es half alles nichts. 200
Millionen Menschen gingen auf die Straße, um zu streiken.
Inderinnen und Inder arbeiten unter
furchtbaren Bedingungen - in Europa würden wir dazu Sklaverei sagen.
Wir zucken kurz mit den Achseln, weil wir selbst nicht wissen, wie
wir diese Situation ändern könnten oder damit umgehen sollen.
Immerhin haben wir den Hauch einer Ahnung wie die Arbeitsbedingungen
in Indien aussehen. Wir wissen, dass es Kinderarbeit gibt und diese
scheinbar auch notwendig ist, damit die dortigen Familien überhaupt
überleben können.
Unglaublich ist es allerdings, dass es
kaum ein Medium gab, in welchem über den Widerstand der Bevölkerung
berichtet hat. Wollte man uns diese Informationen verschweigen, damit
wir uns nicht auf irgendeine Art und Weise mit der indischen
Bevölkerung und ihren Anliegen solidarisieren konnten?
In Indien hat an den beiden Streiktagen
so gut wie nichts mehr funktioniert. Ein erheblicher Teil der
Produktion, das Transportwesen, staatliche Behörden und die Banken
standen still. Der Großteil der Proteste richtete
sich gegen eine Änderung des Gewerkschaftsgesetzes. Es geht dabei darum, dass in Zukunft
Proteste und die Bildung von Arbeiterorganisationen (Gewerkschaften
wäre zu viel gesagt) erschwert werden sollen. Die indische Regierung
begründete diese Novelle damit, dass man das Wirtschaftswachstums
beschleunigen müsse. Die Aktionäre und Firmeninhaben wird’s
freuen.
2,6 % der Weltbevölkerung haben
gestreikt und die großen Nachrichtenagenturen haben dazu keinerlei
Informationen verbreitet. Die Medien sind von diesen Agenturen
abhängig, weil sie selbst kaum noch bis gar nicht mehr über eigene
Korrespondenten verfügen. Informationen werden von Reuters, Agence
France-Presse, Bloomberg News und der TASS zum Thema gemacht,
journalistisch aufbereitet und gegen Geld an diverse Medien verkauft.
Nur dann, wenn es für die großen
Nachrichtenagenturen von Interesse ist, erfahren wir in unserer
„normalen“ Tageszeitung was in der Welt passiert... Wer nicht selbst recherchiert, kennt
also immer nur einen Bruchteil der wirklich wichtigen Ereignisse
Neues Deutschland, eine
überregionale Abonnement-Tageszeitung mit dem Schwerpunkt auf
Ostdeutschland, mit einer Auflage etwa 23.000 Exemplaren, hat bei der
dpa nachgefragt, warum man nicht über den Streik in Indien berichtet
habe. Als Begründung wurde genannt, dass man die Zahl der
Beteiligten nicht verifizieren konnte und weil es zu keinen größeren
Ausschreitungen und vermutlich auch keinen Todesfällen gekommen ist.
Der Generalstreik sei daher als irrelevant eingestuft worden...
Ich habe noch nicht erlebt,
dass die Medien die Anzahl der Demonstranten selbst zählt bzw.
schätzt. Üblicherweise orientiert man sich dabei an der von der
Polizei und den Organisatoren genannten Zahlen, errechnet daraus
einen Mittelwert und fertig.
Was lernen wir also nun vom
Streik in Indien? Die Nachrichtenagenturen berichten von jenen
Ereignissen, von welchen wir erfahren sollen und wenn es sich nicht
um Klatsch & Tratsch bzw. Mord und Totschlag kommt, sinken die
Chancen, dass wir davon Kenntnis bekommen, rapide...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen