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Montag, 11. November 2019
110 Millionen Menschen leben unterhalb der Hochwasserlinie
Bisher
glaubte man, dass 28
Millionen Menschen unter der Hochwasserlinie und
65
Millionen Menschen unter dem Niveau der jährlichen Überflutungen
leben. Scott Kulp und Benjamin Strauss von Climate Central in
Princeton haben allerdings herausgefunden, dass diese Schätzungen
auf falschen Berechnungen basieren. Die
ursprünglichen Zahlen beruhten auf den Radardaten der Shuttle Radar
Topography Mission (SRTM) der NASA. Das Problem dabei ist, dass diese
beim „Abtasten“, die jeweils höchsten Erhebungen erfassten. Es
wurden somit Hausdächer oder die Kronenspitzen der Wälder und nicht
der tatsächliche Untergrund erfasst. Dies hat vor allem bei den
dicht besiedelt Gebieten, zu enormen Abweichungen geführt.
Die
beiden Wissenschaftler haben ein korrigiertes Geländemodell
entwickelt, welches auf lernfähigen Algorithmen beruht. Das
Geländemodell nennt sich „CoastaDEM“ und reduziert den
vertikalen Fehler von 4,71 auf 0,06 Meter. Aufgrund
des neuen Modells ergaben die neuen Berechnungen, dass weltweit
bereits 110 Millionen Menschen unterhalb der heutigen Hochwasserlinie
leben und ca. 250 Millionen Menschen unter dem Niveau der jährlichen
Überflutungen, welches mit einem Meter über der Hochwasserlinie
deklariert wird.
Im
Fachmagazin „Nature Communication“ sprechen die beiden Forscher
davon, dass selbst dann, wenn das Zwei-Grad-Klimaziel erreicht werden
kann, die Anzahl der durch die Flut gefährdeten Personen, bis zum
Jahr 2100, auf 360 Millionen ansteigen wird. Sie geben zu bedenken,
dass diese Prognosen eher zu niedrig als zu hoch angesetzt sind. Sie
sind nämlich von der heutigen Bevölkerungsdichte und nicht von
einem Bevölkerungswachstum ausgegangen. Sie haben auch nicht
berücksichtigt, dass es verstärkte Küstenschutzmaßnahmen und
Migrationsbewegungen geben wird.
Scott
Kulp und Benjamin Strauss wiesen darauf hin, dass der Meeresspiegel
im 20. Jahrhundert, aufgrund der Schneeschmelze, bereits um 15 cm
angestiegen ist und jährlich drei Millimeter dazu kommen. Immer
häufiger kommt es in den flachen Küstengebieten zu Überschwemmungen
und nach dem derzeitigen Wissensstand, werden in 15 Jahren viele
Südsee-Inseln unbewohnbar sein - selbst die US-Ostküste ist bereits
akut bedroht.
Es sind vor allem Bangladesch, China,
Thailand und Vietnam, mit ihren flachen Küsten von der düsteren
Prognose betroffen. Sollten wir weltweit den bestmöglichen
Klimaschutz erreichen, dann werden in Bangladesch trotzdem 15 bis 25%
der Bevölkerung von häufigen Überschwemmungen betroffen sein. In
20 weiteren Ländern könnten, ebenfalls vom bestmöglichen Szenario
ausgehend, mindestens 10% der Bevölkerung, unter die Hochwasserlinie
fallen.
Scott Kulp und Benjamin Strauss warnen
davor, dass bei einer globalen Erwärmung, welche nahezu ungebremst
weiter geht, bereits im Jahr 2050, bis zu 350 Millionen Menschen von
jährlichen Überschwemmungen betroffen sind. Im Jahre 2100 wären es
bereits bis zu 630 Millionen Menschen. In Bangladesch und Vietnam
würde es sich, um ein Drittel der Bevölkerung handeln.
Der Klimawandel besitzt bereits jetzt
das Potenzial, um Küstenlinien und Städte, innerhalb unserer
Lebenszeit, zu verändern. Die Regierungen werden sich in immer
kürzeren Abständen fragen, wie gut und wie lange die derzeitigen
Küstenschutzmaßnahmen die Bevölkerung noch schützen können.
Hoffentlich stellen sie sich auch die Frage, ob es wirtschaftlich
nicht sinnvoller wäre alle Kräfte zu bündeln, um die globale
Erwärmung zu stoppen.
Die Prognosen gehen davon aus, dass uns
bei einer Erwärmung von mehr als 2 Grad bis 2100, die jährlichen
Kosten, welche aufgrund der Überflutungen entstehen, auf 14
Billionen US-Dollar oder mehr steigen. Das entspricht ca. 3 % des
globalen Bruttoinlandsproduktes.
Jene Regierungen, welche nicht in
Maßnahmen zum Klimaschutz oder in die Verbesserung der
Küstenschutzmaßnahmen investieren wollen bleibt nur folgende
Möglichkeit – die Menschen, welche in den betroffenen
Küstengebieten leben, müssen „absiedeln“.
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