2019 geht der Preis für geistige
Freiheit an den Professor und uigurischen Aktivisten Ilham Tohti. Er
befindet sich derzeit in chinesischer Haft, weil er es wagte zwischen
Uiguren und den Han-Chinesen zu vermitteln. Der Preis, welcher einen materiellen
Wert von 50.000€ hat, wurde von seiner Tochter Jewher Ilham
entgegen genommen. Ihr 50jähriger Vater gehört zur mehrheitlich
muslimischen Minderheit der Uiguren, welche in der Volksrepublik
China massiv unterdrückt werden. In der ÜBERFLIEGER Ausgabe Nr. 207
habe ich zu diesem Thema Stellung genommen.
Peking begeht enorme Menschenrechtsverletzungen in der nordwestlichen Provinz Xinjiang. Weit mehr als eine Million Uiguren befinden sich in sogenannten Umerziehungs-lagern. Die Menschen werden dort willkürlich festgehalten und misshandelt. Einst hatte Peking die Existenz dieser Lager bestritten, heute definiert sie diese als „Berufsbildungszentren“.
Ilham Tohti war früher Wirtschaftsprofessor an einer Pekinger Universität und ist im Jahre 2014 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Vorwurf lautete auf Seperatismus. Er habe sich gegenüber seinen Studenten positiv zu gewaltbereiten uigurischen Aktivisten geäußert. Des Weiteren habe er die Studierenden zur Auflehnung angestiftet. Ausländische Regierungen und Menschenrechtler kritisierten bereits damals den Prozessverlauf.
In Xinjiang gab es jahrelang islamistische Anschläge. Durch die systematische Ansiedlung von Han-Chinesen fühlten sich die Uiguren an den Rand gedrängt und benachteiligt. In diesem Zusammenhang betrieb Ilham Tohti, gemeinsam mit Studierenden, seit Mitte der 2000er-Jahre eine Website, auf welcher er Artikel zu „sensiblen Themen“ auf chinesisch und uigurisch veröffentlichte. Die Tochter von Tohti wies darauf hin, dass der Sinn der Website darin bestand, eine Austausch-plattform für Chinesen, Uiguren und andere Minderheiten zu schaffen.
Jewher Ilham hat übrigens keine Ahnung, wo sich ihr Vater befindet. Sie ist allerdings felsenfest davon überzeugt, dass er noch am Leben ist. Den letzten Kontakt zu ihm hatte sie im Jahre 2017. An das EU-Parlament und seine Abgeordnete gewandt meinte Jewher Ilham: „Das Volk der Uiguren braucht sie“. Die Europäische Union sollte China zur Verantwortung ziehen. Es geht dabei nicht darum China zu bekämpfen, sondern die Menschenrechte zu schützen. Ihr Vater habe auch nie von Separatismus gesprochen und nicht einmal offene Kritik geübt. Für viele Uiguren sei er sogar zu moderat gewesen. Zur Festnahme erzählte Jewher Ilham: „Im Februar 2013 wollte ich gemeinsam mit meinem Vater in die USA reisen. Am Flughafen wurde mein Vater festgenommen und unter Hausarrest gestellt.“ Sie selbst durfte gehen, weil sie zu diesem Zeitpunkt erst 18 Jahre alt war. Seither lebt Jewher Ilham in den USA.
Jewher Ilham hat die Hoffnung, dass ihr Vater durch den Erhalt des Sacharow-Preises bald frei gelassen wir. Sie hofft, dass ihm selbiges widerfährt, wie dem Sacharow-Preisträger des vergangenen Jahres - dem ukrainischen Filmemacher Oleh Senzow. Seinen Preis hatte im letzten Jahr die Cousine entgegen genommen. Oleh Senzow wurde dann im September aus einem russischen Gefängnis entlassen. Möge Ilham Tohti das selbige Glück haben.
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