Wählen ist doch ganz einfach! Wir sind es gewöhnt unsere Stimme per Post abzugeben oder in ein Wahllokal zu gehen, den Wahlzettel entgegen zu nehmen, unser Kreuzerl zu machen und uns am Abend die Wahlberichterstattungen und Ergebnisse im Fernsehen anzusehen. In den USA hingegen ist es, vor allem für Latinos und die schwarze Bevölkerung, nicht so einfach ihr demokratisches Grundrecht auszuüben. Wenn es dann doch gelungen ist und man seine Stimme abgegeben hat, dann ist diese am Ende vielleicht gar nichts wert.
Ein Beweis dafür, dass das Wahlsystem für die US-Präsidentschaftswahlen, Schwachstellen aufzuweisen hat ist, dass es bereits fünf Kandidat*innen gegeben hat, welche die meisten Stimmen bekommen und die Wahl dennoch verloren haben.
Wie kann das sein?
Es liegt daran, dass der oberste Vertreter des Landes nicht vom Volk, sondern von den 538 Wahlmänner und -frauen gewählt wird. Von der Bevölkerungsstärke eines Staates hängt es ab, wie viele es von ihnen in einem Bundesstaat gibt. In fast allen US-Bundes-staaten gilt das Mehrheitswahlrecht. Dies bedeutet, dass wenn Kandidat A, auch nur um eine Stimme mehr als Kandidat B hat, dann bekommt Kandidat A, sämtliche Wahlmänner und -frauen des US-Bundesstaates zugesprochen.
Das US-Wahlsystem begünstigt Tricks, welche in vielen anderen Staaten der Erde, ohne mit der Wimper zu zucken, als Wahlmanipulation bezeichnet werden würden – aber wer traut sich dies den USA ins Gesicht zu sagen...
In den USA haben bei der letzten
Präsidentschaftswahl nur 55% der Wahlberechtigten ihre Stimme
abgegeben. Glaubt ja nicht, dass die
US-Bürger*innen keine Lust haben wählen zu gehen, aber sie dürfen
es oftmals auch gar nicht und die Gründe dafür sind bestenfalls
dubios in Wahrheit aber Demokratie politisch bedenklich.
Die USA sind der Ansicht, dass sie ein
demokratisches Land sind. In Wahrheit ist es aber so, dass viele
Wähler*innen absichtlich davon abgehalten werden, ihre Stimme
abzugeben. Ein Beispiel dafür ist, dass in den USA, einem
verurteilten Straftäter, das Wahlrecht entzogen wird. Vielleicht finden das einige gar nicht
so schlimm, aber wenn man weiß, dass viele US-Bundesstaaten den
Menschen, welche bereits aus der Haft entlassen wurden, auch kein
Wahlrecht mehr zugestehen, dann ist dies ein unfassbarer Skandal. Im
US-Bundesstaat Iowa ist ganz klar definiert, dass einem Straftäter,
das Wahlrecht auf Lebenszeit entzogen wird.
Wer trotzdem wählen gehen will, wird hart bestraft. Crystal Mason aus Texas bekam eine fünfjährige Gefängnisstrafe aufgebrummt, weil sie 2016 an der Wahl teilnahm. Sie hatte keine Ahnung davon, dass es ein derartiges Verbot gibt und auch ihre Bewährungshelfer*innen haben sie diesbezüglich nicht informiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein schwarzer Amerikaner mit der Polizei in Konflikt kommt, ist viel größer, als die Möglichkeit, dass dies einen Weißen trifft. Auf diese Art und Weise wird mit dem „Sentencing Project“, einem von 13 schwarzen, aber nur einem von 56 weißen Amerikaner*innen das Wahlrecht entzogen – auch eine Möglichkeit die Wahl zu beeinflussen.
Wer meint, dass dies keinerlei Auswirkung auf eine US-Präsidentschaftswahl hätte dem sei gesagt, dass im Jahre 2000, George W. Bush, aufgrund dieser Regel, die Wahl vor seiner ersten Amtszeit, für sich entscheiden konnte. Im US-Bundesstaat Florida gewann er um exakt 537 Stimmen vor seinem heftigsten Widersacher Al Gore. In Florida waren 400.000 ehemalige Häftlinge von der Wahl ausgeschlossen – etwa 80% von ihnen waren schwarze Amerikaner, welche zu einem sehr hohen Prozentsatz Al Gore zum Präsidenten wählen wollten, weil sie eben einer Minderheit angehörten und arm waren.
Das unglaublichste Beispiel stammt übrigens aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania. Es handelt von den Kongresswahlen, wo die Demokraten 51% der Stimmen auf sich vereinen konnten. Von den 18 Vertretern, welche aus Pennsylvania in das US-Repräsentantenhaus gehievt wurden, sollten rein rechnerisch betrachtet, wohl neun oder vielleicht sogar zehn Demokraten sein. Falsch gedacht. Lediglich drei Demokraten waren es!
Der Grund dafür heißt Gerrymandering.
Fakt ist, dass die Wahlkreise und -bezirke so gestaltet werden, dass zu guter Letzt, stets eine Partei einen immensen Vorteil hat. Die so entstehenden Konstrukte ähneln bestenfalls einem Schmetterling, oder wie man bei uns so schön sagt – einem Fleckerlteppich. Auf den Punkt gebracht wählen somit nicht die Bürger*innen ihren Vertreter, sondern die Vertreter suchen sich ihre Wähler*innen aus.
In den USA wird dies mittlerweile seit mehr als 200 Jahren praktiziert – ganz genau seit dem Jahre 1812. Man unterscheidet dabei zwei Strategien, welche sich „Cracking“ und „Packing“ nennen.
Beim „Cracking“ werden die Wähler*innen der gegnerischen Partei so lange über mehrere Bezirke verteilt, bis von diesen keine Gefahr mehr ausgeht, um eine eine Mehrheit zu bekommen. Ein republikanisch dominierter Wahlbezirk kann somit aufgebrochen und über mehrere angrenzende, mehrheitlich demokratische Bezirke verteilt werden. Dies kann selbstverständlich auch für demokratisch dominierte Wahlbezirke gelten.
Das „Packing“ bedeutet wiederum, dass ein Wahlkreis so geschnitten wird, dass z.B. die Wohnviertel der schwarzen Bevölkerung nicht mehr repräsentiert werden können. Das hat zur Folge, dass die Demokraten in diesem Wahlkreis einen fulminanten Wahlerfolg feiern, weil sich ihre Anhänger in einem einzigen Bezirk ballen und somit in den umliegenden Wahlbezirken fehlen. Am Ende scheitert also, wieder einmal die Opposition, obwohl sie über einen höheren Stimmenanteil verfügt.
Dieser Zuschnitt der Wahlkreise findet übrigens alle zehn Jahre, immer nach der Volkszählung statt. Für die in diesem Jahr stattfindende Präsidentschaftswahl, gelten noch die Wahlkreise aus dem Jahre 2010. Damals wurden in 29 US-Bundesstaaten, die Wahlkreise neu gestaltet. In 21 Bundesstaaten durften die Republikaner und in acht die Demokraten bestimmen.
Wie schafft man es in den USA noch, Bürger*innen von einer Wahl abzuhalten?
Dieses System nennt man „Purges“. Der Name des Bürgers wird ganz einfach aus der Liste der registrierten Wähler*innen gestrichen. Dieses erfährt man allerdings erst dann, wenn man sich bereits im Wahllokal befindet und seine Stimme abgeben will. Der Grund für diese Löschung ist wiederum ein ganz normaler Vorgang, welcher leider mit vielen Fehlern einhergeht. Es sollten eigentlich jene Personen aus der Wählerliste gestrichen werden, welche gestorben sind, oder jene Personen die gerade umgezogen sind. Dabei kommt es aber oft zu Fehlern und Verwechslungen.
Das „Brennan Center for Justice“ hat herausgefunden, dass diese „Fehler und Verwechslungen“ immer öfter passieren. Zwischen 2014 und 2016 wurden auf diese Art und Weise, unfassbare 16 Millionen falsche Namen von der Liste gestrichen. Dabei geschah dies auffällig oft in jenen US-Bundes-staaten, welche für Wählerdiskriminierung bekannt sind.
Dazu folgendes krasses Beispiel
2018 machte sich die Demokratin Stacey Abrams in Georgia große Hoffnungen, die erste schwarze Gouverneurin eines US-Bundesstaates zu werden. Ihr Gegenkandidat, Brian Kemp, war als regierender Secretary of State für den Ablauf der Wahl verantwortlich! Er reizte diese Möglichkeit auf unfassbare Weise aus.
Die Fakten
Ein Jahr vor der Wahl wurden, laut „Atlanta Journal-Constitution“ 668.000 Wähler*innen aus dem Wahlregister gestrichen.
Nur wenige Monate vor der Wahl, ließ Kemp noch einmal 85.000 Wähler*innen von der Wählerliste streichen.
Brian Kemp verzögerte die Registrierung von 50.000 neuen Wähler*innen so lange, bis diese nicht mehr an der Wahl teilnehmen durften.
Am Ende gewann Brian Kemp die Wahl mit einem Vorsprung von 55.000 Stimmen.
Eine weitere Möglichkeit, um viel Amerikaner*innen davon abzuhalten ihre gültige Stimme abzugeben sind lange Wartezeiten bei den Wahllokalen. Dies hat zur Folge, dass einige Menschen entnervt aufgeben und nach Hause gehen. Diese Wahlmanipulation ist ganz einfach zu bewerkstelligen. Wenn man nicht will, dass gewisse Wählergruppen ihre Stimme abgeben, dann schließt man einfach ein Wahllokal. Einige Wahllokale werden zusammengeschlossen und somit kommt es zu längeren Wartezeiten und Anreisen. I
hr glaubt gar nicht wie viele Menschen damit um ihr Wahlrecht gebracht werden, welche arm sind und es sich nicht leisten können, einen halben Werktag im Wahllokal zu verbringen. Genau - Werktag. In den USA finden die Präsidentschaftswahlen ja nicht an einem Sonntag statt – da könnte ja jeder kommen...
Im April dieses Jahres gab es in Milwaukee (US-Bundesstaat Wisconcin) schon einmal einen kleinen Vorgeschmack auf den Wahltag im November. Statt 180 Wahllokalen waren lediglich fünf geöffnet. Aufgrund der Corona-Pandemie fehlte schlicht und ergreifend das Personal. Nachdem es dort eine konservative Mehrheit gibt, verhinderte diese zudem eine Verlängerung der Briefwahlfrist...
US-Präsident Donald Trump und seine republikanische Partei wettern zunehmend gegen die Briefwahl und wollen diese so gut wie möglich verhindern. Donald Trump erklärte sogar unverhohlen: „Wenn man dem zustimmen würde, würde nie wieder ein Republikaner in diesem Land gewählt.“ Was soll man dem noch hinzufügen. Im Gegensatz zu Österreich sind Briefwahlen in den USA kaum verbreitet. Die meisten US-Bundesstaaten verfügen gar nicht über die Ressourcen, um eine US-Präsidentschaftswahl als Briefwahl abzuhalten.
Was bleibt sind lange Wartezeiten vor dem Wahllokal, wo man sich dann ausweisen muss. In den USA gibt es allerdings keine Ausweispflicht und deshalb ist dies wiederum für Millionen von US-Bürgern ein Problem, welche gar keinen staatlichen Ausweis besitzen und dies betrifft – richtig geraten – wiederum die ärmere Bevölkerungsschicht. Was in den jeweiligen US-Bundesstaaten als gültiger, amtlicher Ausweis akzeptiert wird, ist höchst unterschiedlich. In Texas berechtigt der Besitz einer Waffenkarte zur Wahl, aber der Studentenausweis einer Universität hingegen nicht...
Zusammengefasst kann man sagen, dass es für Menschen, welche nicht weiß und wohlhabend sind, es in den USA gar nicht so einfach ist, an Wahlen teilzunehmen.
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