Vor dieser Begegnung ist Italien bereits 30 Spiele hintereinander ohne Niederlage geblieben und hatte in den letzten elf Spielen, keinen einzigen Gegentreffer hinnehmen müssen. Alleine den österreichischen Kickern war diese Tatsache egal und sie lieferten den Italienern nicht nur einen erbitterten Fight, sondern hätten es sich durchaus auch verdient, noch in der regulären Spielzeit als Sieger vom Platz zu gehen. Einzig und alleine der Video-Schiedsrichter hatte etwas dagegen und aberkannte in der 65. Minute einen Treffer von Marko Arnautovic und entschied nur wenig später auf eine Abseitsstellung, anstatt auf Elfmeter.
Der Spielverlauf
Die Österreicher begannen die Partei sehr druckvoll und kamen bereits in der ersten Minute gefährlich in den Strafraum der Italiener. Nur wenige Sekunden später bekam Marko Arnautovic bereits eine gelbe Karte, weil er bei dem Versuch der sofortigen Ballrückeroberung, seinen Gegenspieler foulte.
Bis zur 15. Minute hatten die österreichischen Kicker das Team aus Italien sicher in Griff und es zeigte sich, dass dieser Abend noch lange spannend bleiben könnte. In der 17. Minute hatten die Italiener ihre erste, riesige Torchance, doch ÖFB-Tormann Daniel Bachman rettete die Österreicher mit einer grandiosen Fußabwehr vor einem Rückstand. Nur wenige Augenblicke später kam Marko Arnautovic aus einer Entfernung von ca. 30 Metern zum Torabschluss. Bedrängt von zwei Italienern versuchte er den italienischen Schlussmann, welcher etwas zu weit aus dem Tor war, mit einem satten Schuss zu überheben/überlisten. Alleine die Flugkurve des Balls war gegen einen Führungstreffer, weil sicher dieser erst nach dem gegnerischen Gehäuse senkte.
Die größte und zugleich gefährlichste Chance hatten die Italiener in der 32. Minute. Immobile kam aus etwa 20 Metern zum Abschluss. Der Ball prallte ans Lattenkreuz und flog von dort ins Torout. Ein grandioser Schuss, bei welchem Daniel Bachmann keine Chance gehabt hätte.
In der 37. Minute gab es die genialste Aktion des Spiels zu bewundern. Marko Arnautovic setzte sich auf engstem Raum, gegen drei Italiener durch. Diese Szene erinnerte daran, dass er als Kind wohl viel Zeit im Fußballkäfig verbrachte, wo er lernte sich solcherart gegen mehrere Gegenspieler durchzusetzen.
In der 43. Minute hatte das italienische Nationalteam noch einmal eine Chance durch Spinazzola, aber Torhüter Bachmann wehrte ganz sicher ab.
Nach der Pause gab es in der 52. Minute große Aufregung, knapp außerhalb des Strafraums der Italiener. David Alaba legte sich den Ball zurecht und man spürte und sah unendliche Nervosität in den Gesichtern der Italiener. Alaba zirkelte den Ball bravourös über die Mauer und nur knapp über das Tor der Italiener. Der italienische Schlussmann wäre chancenlos gewesen. Von nun an wurde unser Team von Minute zu Minute stärker und die Italiener schienen die Kontrolle über das Spiel zu verlieren. Sie sahen sich in einer enormen Druckphase der Österreicher ausgesetzt.
In der 65. Minute setzte sich David Alaba im gegnerischen Strafraum im Kopfballduell durch, Marko Arnautovic enteilte seinem Gegenspieler und konnte den von Alaba geköpften Ball, von der Seite mit viel Gefühl und Wucht zugleich, über den Tormann hinweg und unter die Latte ins Tor köpfeln. Der vermeintliche viel umjubelte Führungstreffer, ließ in Österreich wohl alle Dämme brechen. Ich selbst habe mit meiner Familie das Match gesehen und meiner Freude mit einem lauten Torschrei zum Besten gegeben. Womit ich allerdings nicht rechnete war, dass plötzlich rund um unsere Wohnung wohl viele Menschen diese Begegnung sahen und es einen ohrenbetäubenden Lärm durch Jubellaute gab. Man hätte das Gefühl mitten im Stadion zu sein. Das Glücksgefühl wurde allerdings jäh beendet, als für uns alle völlig unerwartet, der VAR zum Einsatz kam und den vermeintlichen Führungstreffer noch einmal genau unter die Lupe. Der Treffer wurde schließlich, zum Schock unseres Nationalteams und den Fans der österreichischen Nationalmannschaft, nicht anerkannt. Marko Arneautovic war zum Zeitpunkt der Ballabgabe, um eine Fußspitze zu weit vorne und somit im Abseits. Ich stellte mir sofort die Frage, ob es bei einer derartigen Szene und Millimeter-Entscheidung wohl auch zu einem VAR-Einsatz gekommen wäre, wenn der Treffer vom deutschen, italienischen oder englischen Nationalteam erzielt worden wäre... Wie dem auch sei, der Treffer zählte nicht und die Österreicher setzten die Italiener weiterhin unter Druck.
Während die Italiener in der 72. und 73. Minute noch zu Halbchancen kamen, gab es in der 75 Minute eine weitere äußerst strittige Szene, welche gegen Österreich entschieden wurde. Der VAR kam zum Einsatz, um zu kontrollieren, ob es Elfmeter für das ÖFB-Nationalteam geben müsste. Die Erkenntnis war, dass dem zwar so sei, allerdings könne es keinen Elfmeter geben, weil sich bereits vor dem Foul, ein Spieler der österreichischen Nationalmannschaft im Abseits befand. Die Italiener konnten das nächste Mal kräftig durchatmen und der italienische Teamchef Roberto Mancini schien mit den Nerven bereits völlig fertig zu sein.
Bis zum Ende der regulären Spielzeit gab es aus italienischer Sicht noch einmal den Versuch, mit einem Seitfallzieher einen Torerfolg zu erzielen. Alleine der Versuch scheiterte kläglich. Den Italienern schien die Kraft auszugehen und ein Torerfolg der Österreicher schien wahrscheinlicher zu sein.
Die Verlängerung
In der 95. Minute gelang Federico Chiesa, das 1:0 für Italien. Der österreichische Teamchef Franco Foda nahm kurze Zeit später Marko Arnautovic vom Feld und ersetzte ihn durch Sasa Kalajdzic. Nach seiner sechswöchigen Verletzungspause, hatte Arnautovic einfach keine Kraft mehr für die restliche Spielzeit. In den nächsten Minuten verlor Österreich den Spielfaden und Italien gelang
durch Matteo Pessina in der 105. Minute das 2:0. Wer jedoch dachte, dass sich das österreichische Team nun aufgab und chancenlos sein würde, wurde in der zweiten Hälfte der Verlängerung eines besseren belehrt.
Teamchef Franco Foda wechselte für die letzten 15 Minuten noch die Offensivkräfte Gregoritsch und Schaub ein. Bereits in der 107. Minute schrillten bei den Italienern die Alarmglocken, als Louis Schaub mit einem herrlichen Schuss, ins rechte untere Eck, den italienischen Tormann Donnarumma nicht bezwingen konnte. Dieser kratze den Ball weltmeisterlich von der Linie und bewahrte damit sein Team vor dem Anschlusstreffer.
In der 114. Minute war es dann endlich so weit. Sasa Kalajdzic setzte sich nach einem von Louis Schaub getretenen Eckball gegen drei Italiener durch und traf mit einem sehenswerten Hechtkopfball, zum 1:2. Unfassbar war der Torerfolg alleine schon deshalb, weil dieser Ball in etwa der Kniehöher herangeflogen kam.
Die letzten Spielminuten kann man folgendermaßen zusammenfassen. Die Italiener wankten, aber fielen nicht. Sie feierten den Sieg danach bereits so, als ob sie soeben bereits die Europameisterschaft gewonnen hätten. In den Interviews danach adelte der italienische Teamchef das österreichische Nationalteam mit der Aussage, dass dieses Spiel gewiss schwerer war, als es das EM-Viertelfinale sein wird. Wenn man weiß, dass für die Italiener der nächste Gegner Belgien oder oder der amtierende Europameister Portugal heißt, dann ist das mehr als nur beachtlich.
Ich bin mir sicher, dass über dieses Match noch in vierzig Jahren viel gesprochen wird und dieses Team, welches am 26. Juni 2021 im Wembley Stadion im Einsatz war, enorme Sypathien gewonnen hat. Ganz besonders beeindruckend war die Tatsache, dass sie selbst beim 0:2 nicht aufgegeben haben, sondern immer noch daran geglaubt haben, das Unmögliche zu schaffen.
Diesem ÖFB-Team ist während der Europameisterschaft enorm gewachsen und für diese Leistung hat es sich die Mannschaft verdient, dass ihm die Herzen der Fußballfans zugeflogen sind.
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