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Montag, 11. Oktober 2021

Die Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Zentrale, dem Bundeskanzleramt und im Finanzministerium

Die Chronologie der Ereignisse

Am 24. September 2021

macht sich Jan Böhmermann über den traditionellen Rahmen lustig, welches Bundeskanzler Sebastian Kurz anlässlich der diesjährigen 75. Bauernbund-Wallfahrt in Mariazell zeigt. Danach folgt ein direkter „Gruß“ und „Rat“: „Sebastian Kurz ! Ich hoffe Du hast Dein Zimmer aufgeräumt! Ich drück Dir ganz fest die Daumen für die kommenden Wochen. Du weißt schon, worum es geht, gell!“

Das große Grübeln begann darüber, ob Jan Böhmermann mal wieder etwas weiß, bevor es die meisten Anderen wissen.

Am 28. September 2021 

ging das Grübeln weiter. Eine mehr als nur seltsame Pressekonferenz, gehalten von der stellvertretenden Generalsekretärin der ÖVP, Gabriele Schwarz, erquickte die Medienlandschaft. Frau Schwarz war darüber erbost, dass Journalist*innen schon wieder frühzeitig informiert wurden, dass die ÖVP kurz vor einer Hausdurchsuchung steht. Der Kerninhalt der Pressekonferenz von Gabriel Schwarz lautete: „Es ist nichts mehr da – Sie werden nichts mehr finden – Es ist alles gelöscht...!“

Böse Menschen wie ich mutmaßten, dass Frau Schwarz, ganz bestimmte Politiker*innen vor kurz bevorstehenden Hausdurchsuchungen warnen wollte...

Am 6. Oktober 2021

kommt es in der ÖVP-Zentrale, dem Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium zu Hausdurchsuchungen.

Gegen folgende Personen wird ermittelt

Kurz Berater Stefan Steiner, Thomas Schmid Ex-ÖBAG-Chef und damals Generalsekretär im Finanzministerium, Medienbeauftragter Gerald Fleischmann, Sophie Karmasin die ehemalige Familienministerin und Meinungsforscherin, die Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die Mediengruppe Österreich, Helmuth und Wolfgang Fellner, Johannes Frischmann und ein Mitarbeiter vom BMF.

Die Vorwürfe lauten auf Inseraten-Korruption, Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit

Sebastian Kurz selbst wird Beihilfe bzw. die Anstiftung vorgeworfen.

Der Verdacht

Zwischen 2016 und 2018 habe das Finanzministerium budgetäre Mittel zur Finanzierung von ausschließlich parteipolitisch motivierten, mitunter manipulierten Umfragen eines Meinungsforschungsunternehmens im Interesse einer politischen Partei und deren Spitzenfunktionär(en) verwendet

Die konkreten Vorwürfe

Ab dem Jahr 2016, soll Thomas Schmid die Weisung bekommen haben, Sebastian Kurz ganz an die Spitze zu befördern. Zuerst an die Parteispitze und danach an die Spitze der Bundesregierung. Herr Schmid habe eine Meinungsforscherin aus Wien damit beauftragt, wohlwollende Meinungsumfragen für Sebastian Kurz herzustellen. Diese würden dann in regelmäßigen Abstand, den Gebrüdern Fellner, von der Mediengruppe „Österreich“, zur Verfügung gestellt. Logischerweise konnte Schmid, zur Begleichung der Rechnung, kein Geld aus dem Ministerium entnehmen. Die glorreiche Idee bestand nun darin, das BMF in Scheingeschäfte zu verwickeln. Die Umsetzung dieser Idee, habe Sebastian Kurz nicht nur gewusst, sondern auch geduldet.

Das ist also die Verdachtslage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), welche zu den Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Parteizentrale, dem Bundeskanzleramt, dem Finanzministerium und den Räumlichkeiten der Mediengruppe Österreich führte. Es wurden zahlreiche Datenträger und Mobiltelefone sichergestellt.

Die Anordnung zur Hausdurchsuchung wurde von der WKStA am 23. September 2021 erstellt und am 29. September 2021, vom selben Richter des Wiener Straflandesgerichts genehmigt, welcher Sebastian Kurz am 3. September 2021, aufgrund des Verdachts der Falschaussage vor dem „Ibiza“-Untersuchungsausschuss einvernommen hat.

Kurz und gut – Sebastian Kurz bestreitet jegliches Fehlverhalten.

Es gilt die Unschuldsvermutung!

Die WKStA befindet sich seit dem November 2019, im Besitz des Mobiltelefons von Thomas Schmid. Er wurde bereits damals als Beschuldigter im „Casino-Komplex“ geführt. Schmid hatte einst, in den Tagen vor der damaligen Hausdurchsuchung, zahlreiche Handy-Daten gelöscht. Es ist nunmehr allerdings gelungen zu den Backups vorzudringen und tausende Textnachrichten zu rekonstruieren. Die Auswertung dieser Daten sind in der Tragweite, sowohl für Sebastian Kurz, als auch für die gesamte ÖVP, weit schlimmer, als das derzeit anhängige „Casino-Verfahren“. 

Es wird sowohl gegen die ÖVP, als auch gegen die Mediengruppe Österreich, wegen einer „Verbandsverantwortlichkeit“ ermittelt.

Es gilt die Unschuldsvermutung!

2016 soll der damalige Außenminister Sebastian Kurz seinen Aufstieg an die Parteispitze geplant haben. Der Name des Projekts lautete: „Ballhausplatz“. Sebastian Kurz und seine Strategen wollten deshalb, ganz gezielt, regelmäßig Umfrageergebnisse liefern und veröffentlichen, um solcherart die innerparteiliche und auch die öffentliche Meinung zu beeinflussen bzw. zu lenken. Das Geld für die gelenkten Umfrageergebnisse, konnte logischerweise nicht aus der Parteikasse entnommen werden – eine verdeckte Finanzierung war deshalb zwingend notwendig. Zu Beginn hat die Meinungsforscherin ihre Umfrageergebnisse selbst mit der „Fellner-Gruppe“ abgerechnet. Später sind diese Kosten jedoch – mit Hilfe von Scheinrechnungen – vom Finanzamt beglichen worden. Die Aufträge zu den ganz speziellen Umfragen, sind parallel zum „Projekt Ballhausplatz“ erteilt worden. Sie dienten ausschließlich der parteipolitischen Interessen von Sebastian Kurz. Schmid hielt jeweils Rücksprache mit dem Kurz-Berater Steiner, um zu erfragen ob das jeweilige Umfrageergebnis veröffentlicht werden soll oder nicht. Bei einem ja, wurden diese an die „Fellner-Gruppe“ weitergeleitet. In mindestens einem Fall, wurden die Umfrageergebnisse im Auftrag der Beschuldigten, innerhalb der Schwankungsbreite, zugunsten der ÖVP verändert („frisiert“).

In der ersten Phase der Umfrage-Deals ging es darum den damaligen ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner zu diskreditieren. Sie sollten zeigen, wie schlecht seine Werte im Vergleich zu einem eventuellen Parteichef Sebastian Kurz wären.

Folgendes Umfrageergebnis 

ÖVP mit Mitterlehner 18 %, FPÖ 35 % und SPÖ 26 %, kommentierte Sebastian Kurz im Handy-Chat mit Schmid folgendermaßen: „Gute Umfrage, gute Umfrage :)“

Dieses Umfrageergebnis wurde in „Österreich“ so kommentiert: „Das Warten auf einen neuen Chef“. Der Meinungsforscherin soll übrigens zumeist vorgegeben worden sein, was sie in Interviews sagen solle. Das Arrangement schien hervorragend zu sein, denn Schmid informierte Kurz regelmäßig über sämtliche Entwicklungen, Fortschritte und natürlich auch alle Umfrageergebnisse.

Folgende Chat-Nachricht schreibt Schmid im Jänner 2018 an Frischmann: "So weit wie wir bin ich echt noch nie gegangen. Geniales investment. Und Fellner ist ein Kapitalist. Wer zahlt schafft an. Ich liebe das.“

Naja – bezahlt hat das der österreichische Steuerzahler...

Das BMF hat sich für die Umfragen sehr erkenntlich gezeigt und der Firma der Meinungsforscherin einige geförderte Studien zukommen lassen. Der Umfragen-Aufwand wurde in die Abrechnungen dieser Studien „hinzugefügt“. Es handelte sich genau genommen, um drei Studien und diese beinhalteten folgende Themen: Betrugsbekämpfung, Budgetpolitik und Nulldefizit. Der Gesamtwert dieser Studien betrug 230.000 Euro. Die Meinungsforscherin hat zwischen dem 16. Dezember 2016 und dem 21. Juli 2017, insgesamt 136.000 Euro über das BMF verrechnet. Die Inserate der Fellner-Gruppe beliefen sich auf 1,116 Millionen Euro zuzüglich der Umsatzsteuer.

Die Fellner-Brüder haben übrigens, für wiederkehrende Inseratenaufträge des BMF zugesagt, von Herrn Schmid vorgegebene redaktionelle Inhalte, zu den vorgegebenen Zeitpunkten, in „Österreich“ und auf oe24.at zu veröffentlichen. Diese sollten eine positive Kommentierung für Sebastian Kurz enthalten. Ich kann mich – und gewiss einige meiner Leser*innen auch, dass in einem Artikel der „Österreich“, auf einer einzigen Seite, 26x der Name Sebastian Kurz vorkam...

Laut Verdachtslage wurden insgesamt 26 Umfragewellen abgerechnet. Der Schaden würde, laut Ermittlern, mehr als 300.000 Euro betragen. Warum gerade die 300.000 Euro wichtig sind? Das ist jene Schwelle, an welcher Untreue mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren bedroht wird.

Die zweite Phase der Umfrage-Deals begann im Wahlkampf 2017. Damals war ja Sebastian Kurz bereits erfolgreich, als ÖVP-Parteichef inthronisiert worden. Laut der Kurz-Strategen, sollten die nunmehrigen Umfragen, Herrn Kurz bei der Themensetzung unterstützen. Außerdem sollten sie auch die möglichen Mitbewerber betreffen und demzufolge auch zu den entsprechenden Veröffentlichungen führen. Fragestellungen zur SPÖ-Affäre, rund um deren Berater Tal Silberstein, wurden eingebaut.

In der dritten Phase der Umfrage-Deals ging es vor allem darum, dass man unentschlossene Wähler*innen zu mobilisieren. Die dritte Phase der Umfrage-Deals, startete nach der Nationalratswahl vom 15. Oktober 2017. Es ging dabei um die Koalitionsvarianten, einem Expertenkabinett und um die Akzeptanz der Budgetrede. Zu dieser Zeit war Sebastian Kurz also bereits österreichischer Bundeskanzler.

Zusammenfassung

Für die WKStA ist Sebastian Kurz die zentrale Person des gesamten Ermittlungskomplexes. Die mutmaßlichen Tathandlungen seien primär in seinem Interesse getätigt worden. Aus einer enormen Anzahl an Chat-Nachrichten sei ersichtlich, dass Sebastian Kurz in allen wichtigen Belangen die Grundsatz-entscheidungen getroffen habe. Die Umsetzung dieser Entscheidungen, oblag seinem engsten Beraterkreis. Wenn es allerdings erforderlich war, dass ein Problem dringend gelöst werden musste, dann brachte sich Sebastian Kurz umgehend ein. Sebastian Kurz war von Beginn an, in die Planungen involviert und von deren Umsetzung, hat er sich regelmäßig berichten lassen.

Welche Auswirkungen hat der Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler?

Nicht viele aber z.B. diese: Ein Wechsel ins Parlament bedeutet, dass die WKStA keine Hausdurchsuchungen mehr bei Kurz durchführen kann – außer: Sie müsste zuerst beim Parlament anfragen und somit alle Parteien darüber im Voraus informieren. Diese politische Rochade ist also – rein zufällig natürlich – perfekt dafür geeignet, um einem Strafverfahren zu entgehen!

Kurz zusammengefasst

Sebastian Kurz tritt als Bundeskanzler zurück und wird Klub-Obmann. Alexander Schallenberg wird Marionetten-Kanzler... Es ändert sich also nix am System Kurz... Das erinnert mich irgendwie an Russland... Medwedew beerbt mal kurz Putin, bevor dieser zurückkehrt...

Zu der Aussage von Werner Kogler: "Der Rückzug von Sebastian Kurz, vom Amt des Bundeskanzlers ist ein richtiger und wichtiger Schritt für die künftige Regierungszusammenarbeit, in Verantwortung für Österreich... jetzt wurde eine Variante gewählt, welche wir dem Regierungspartner vorgeschlagen haben... dies bedeutet, dass wir die Regierungsarbeit, auf Basis des Regierungsprogramms fortsetzen können...“

Ich bin entsetzt! Das ist die Bankrotterklärung der Grünen. Nach der nächsten Nationalratswahl fliegen „Die Grünen“ aus dem Parlament...

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