Die Gründe für die Zunahme des
weltweiten Hungers sind nicht nur kriegerische Konflikte und
ökonomische Krise. sondern vor allem die Klimaänderungen, welche
einen massiven Einfluss auf die Verteilung des Regens und die Abfolge
der Jahreszeiten in der Landwirtschaft sowie extreme Wetterphänomene
wie Überschwemmungen und Dürren hervorbringen.
Die FAO empfiehlt daher Maßnahmen zu
ergreifen, welche zum Ziel haben den Widrigkeiten des Lebens
entgegenzutreten und die Anpassungsfähigkeit der Lebensmittelsystem
und der Existenzgrundlagen der Bevölkerung an die stattfindende
Klimaveränderung nicht nur zu verstärken sondern auch zu
beschleunigen.
Wie liest sich die Definition von
Hunger bei der FAO? „Es handelt sich sich um eine Person, welche
nicht die Anzahl Kalorien bekommt, die sie für ihre physiologischen
Bedürfnisse und für ihre physischen und geistigen Aktivitäten
benötigt".
Vor einigen Jahren gab es deshalb
Hunger, weil es einen Mangel an Lebensmittel gab, doch davon kann man
heutzutage nicht mehr sprechen. Weltweit dürften etwa 1,3 Milliarden
Tonnen Lebensmittel weggeworfen werden.
Damit ihr eine bessere Vorstellung von
dieser Menge bekommt ist festzuhalten, dass dies ungefähr einem
Drittel jener Menge entspricht, welche für den menschlichen Verzehr
„erzeugt“ wird. Diese 1,3 Milliarden Tonnen
Lebensmittel entsprechen ungefähr 990 Milliarden US-Dollar.
Gehen wir nun gedanklich zurück zum
Vorabend der Finanzkrise, welche am 15. September 2008 begann. Die
Finanzspekulation lief auf Hochtouren. Am 6. April des Jahres wurde an der
Chicago Mercantile Exchange (CME, der Börse für Rohstoffe und
Commodities in Chicago) eine Tonne Weizen für den Preis von 400
Dollar gehandelt. Fünf Jahre davor, konnte man ihn um 125 Dollar
erwerben. Ähnliche Preissteigerungen gab es auch bei Mais und Soja.
Der Weizen wurde zu jenem Produkt,
welches weltweit am zweitmeisten konsumiert wurde – der erste Platz
war der Milch und den Milchprodukten vorbehalten. Die
Weizenproduktion stieg auf nunmehr 722 Millionen Tonnen pro Jahr und
jetzt marschieren wir wieder zurück zu der Chicagoer Börse. Dort
wird jährliche eine Weizenmenge gehandelt, welche dem fünfzigfachen
der Weltproduktion entspricht. An der Börse wird jedes in den USA,
Argentinien, Braslien, Chile und der EU... produzierte Maiskorn
fünfzig Mal gekauft und wieder verkauft. Nein, stimmt so nicht. Es wird insgesamt fünfzig Mal eine
Verkaufsvorgang simuliert!
Wer etwas auf einer Börse verkaufen
will, muss es nicht physisch besitzen. Es werden an der Börse
lediglich Unbestimmtheiten, Verabredungen und Versprechungen
verkauft, welche auf dem Bildschirm eines Computers erscheinen.
Mit diesen lediglich fiktiven
Operationen (Termingeschäfte, Futurures, Optionen auf Lebensmittel,
Optionen auf Rohstoffe) verdienen jene Menschen, welche sich damit
auskennen ein Vermögen. Diese Art von Finanzgeschäfte nenne ich
eine Derivatenblase.
Nun entführe ich sie zur Herstellung
von Ethanol. Dies ist jener biologische Brennstoff, welcher auf der
Basis von beispielsweise Mais und Zuckerrohr produziert werden kann.
Die weltweit führende Position in der
Produktion nimmt die USA ein. Die USA produzieren jährlich etwa 357
Millionen Tonnen Mais und somit etwa 35 % der Weltproduktion. Mittels
Bundesgesetz sind die USA dazu verpflichet, 40% des erzeugten Mais
zur Produktion von Ethanol zu verwenden. Mit anderen Worten, es
sollen damit die Kraftfahrzeuge betankt werden. Damit man ein
„Standardfahrzeug“ mit Ethanol befüllen kann, benötigt man
dafür etwa 170 Kilogramm Mais.
Wir merken uns die 170 Kilogramm Mais
für eine Tankfüllung und stellen fest, dass der Mais jenes
Lebensmittel ist, wonach weltweit am meisten Bedarf herrscht.
Ein hungriges Kind aus Afrika oder
Lateinamerika kann mit einer Tankfüllung Ethanol, also den dafür
notwendigen 170 Kilogramm Mais, ein ganzes Jahr ernährt werden.
Die USA erzeugen über derzeit mehr
gelben als weißen Mais. Warum? Weil der gelbe Mais zum
Ausgangsmaterial für Ethanol geworden ist. Ist das nicht völlig
egal? Leider nein, weil dieser Wandel auch dazu geführt hat, dass es
bei Maismehl eine Preiserhöhung gegeben hat. Das ist allerdings nicht das einzige
Produkt, welches teurer wurde. Die Eier und das Fleisch der Hühner
wurde nun ebenfalls teurer. Die Hühner müssen ja schließlich mit
Mais gefüttert werden.
Viele Puzzleteile führen also dazu,
dass der Hunger weltweit zu- und nicht abnimmt.
Die große, öffentlich zur Schau
gestellte Sorge von PolitikerInnen über die Armut und den Hunger
sind keinerlei Erwähnung wert, wenn keine Handlungen passieren, denn
mit Worten alleine wird niemand satt.
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