Die Initiative zur Aktivierung des Militärbündnisses geht jedoch vom selbst ernannten venezolanischen Interimspräsidenten Juan Guaidó aus. Bei einer Sitzung des Ständigen Rates der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatten Argentinien, Brasilien, Chile, die Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala, Haiti, Honduras, Kolumbien, Paraguay und die USA dem Antrag zur Aktivierung des Beistandspakts zugestimmt.
Juan Guaidó war nicht selbst anwesend, entsandte jedoch mit Gustavo Tarre einen Vertreter. US-Außenminister Pompeo formulierte den Akt als die richtige Antwort auf „den zunehmend destabilisierenden Einfluss durch das ehemalige Regime Nicolás Maduro“.
Dem „Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand“ (TIAR) gehören neben der U.S.A., fünfzehn lateinamerikanische Staaten an. Das Abkommen sieht vor, dass im Falle einer äußeren Bedrohung eines Mitglieds der Verteidigungsfall gegeben ist.
Skurril mutet es an, dass Venezuela im
Jahre 2012 aus dem Abkommen ausgestiegen und im Juli dieses Jahres,
durch die Stimmen der im Parlament befindlichen Opposition – diese
hat ja dort längst die Mehrheit – dem Bündnis erneut beigetreten
ist. Der einzige Grund war jener, für die U.S.A. und ihrer
Verbündeter eine Möglichkeit zur Militärintervention zu schaffen.
Verrückt oder etwa nicht?
Es ist daher kaum verwunderlich, dass
die gewählte venezolanische Regierung von Nicolas Maduro die
TIAR-Aktivierung schärfstens verurteilt.
Aus dem Außenministerium wurde
folgende Erklärung abgegeben: „Es sei der Region von den USA
mit dem Ziel aufgezwungen worden, militärische Interventionen in
Lateinamerika aus ideologischen Gründen zu legitimieren ‒ wie 1954
in Guatemala, 1961 in Kuba, 1965 in der Dominikanischen Republik,
1983 in Granada und 1989 in Panama. "Es ist schmerzhaft, dass
Länder, die von US-Truppen überfallen wurden und deren Völker
unter Anwendung von TIAR massakriert wurden, heute ein solches
Verbrechen gegen ein Bruderland billigen.“
Das Militärmanöver, welches in
Venezuela, unweit der kolumbianischen Grenze begonnen hat, nennt sich
„Souveränität und Frieden“ und wird noch bis zum 28. September
dauern. Mehr als 3.000 Soldaten nehmen an diesem Manöver teil.
Noch bevor die Übungen begonnen haben,
warnte Präsident Maduro vor kolumbianischen Aggressionen und
versetzte die Armee seines Landes in erhöhte Alarmbereitschaft. Zitat: "Jetzt ist der Moment,
um die nationale Souveränität und den Frieden zu verteidigen, indem
wir unsere gesamte Verteidigungskraft mobilisieren, um die
Kriegsabsichten zu vereiteln." Im Stile des US-Präsidenten
schrieb er diese Zeilen auf Twitter.
Nicolas Maduro geht davon aus, dass die
kolumbianische Regierung eine kriegerische Auseinandersetzung
provozieren wolle und warnte davor, dass dies mit Hilfe „gefälschter
Beweise“ passieren werde.
Wie kommt der venezolanische Präsident
darauf, dass „gefälschte Beweise“ herangezogen werden sollen?
Er bezieht sich wohl auf einen Artikel
der kolumbianischen Wochenzeitung namens „Semana“ welche der
venezolanischen Regierung vorwarf die kolumbianischen Guerillakämpfer
nicht nur zu unterstützen, sondern auch mit ihnen zusammen zu
arbeiten. Darunter versteht „Semana“, die Planung von gemeinsamen
Operationen wie z. B. Terroranschlägen auf dem kolumbianischen
Territorium. Als Quelle für seine Behauptungen,
nannte die Zeitung Whistleblower des venezolanischen Geheimdienstes.
Es ist durchaus möglich, dass diese
Behauptungen nicht nur irgendwelche bösen Unterstellungen sind,
sondern der Tatsache entsprechen, weil eine Gruppe ehemaliger
Kommandeure der Farc-Guerilla vor wenigen Wochen ankündigten, in
Kolumbien wieder den bewaffneten Kampf aufzunehmen. Als Begründung
wurde die unzureichende Umsetzung des Friedensabkommens durch die
Regierung von Präsident Ivan Duque und die außer-gerichtliche
Hinrichtung der ehemaligen Guerillakämpfer angeführt. Selbst diese Vorwürfe sind nicht aus
der Luft gegriffen, weil seit der Entwaffnung der Farc-Rebellen
mindestens 150 der ehemaligen Kämpfer sowie deren
Familienangehörige, Opfer von politischen Morden wurden.
Die kolumbianische Regierung
beschuldigt die Linksregierung in Venezuela schon lange, die immer
noch aktive kolumbianische Nationale Befreiungsarmee (ELN) zu
unterstützen. Seit dem Artikel in der Zeitung „Semana“ verlangt
der kolumbianische Präsident Ivan Duque beharrlich, dass Venezuela
auf „die Liste der Terrorismus unterstützenden Staaten“ gesetzt
werden soll.
Nachdem diese Liste vom US-Außenministerium herausgegeben wird, stehen die Chancen dafür gar nicht so schlecht...
Der venezolanische Informationsminister
Jorge Rodriguez sprach auf einer Pressekonferenz davon, dass die in
„Semana“ veröffentlichten Berichte nichts anderes als ein
„erfundenes Dokument“ seien und die kolumbianische Regierung die
Wahrheit tötet, um den Weg für einen militärischen Akt gegen
Venezuela zu ebnen.
Der venezolanische Außenminister Jorge
Arreaza kündigte indes an, dass man genügend Beweise für die
Aggressionen Kolumbiens vorliegen habe, um diese den Vereinten
Nationen vorzulegen. Als Beispiel diene etwa die Vereitelung mehrerer
Sprengstoffanschläge in Caracas am 31. August. Der Außenminister
beschuldigte explizit den kolumbianischen Präsidenten Ivan Duque,
dafür verantwortlich zu sein.
Zu
den Vorgängen in Venezuela werde ich - auf vielfachem Wunsch, garantiert auch weiterhin regelmäßig schreiben.
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