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Donnerstag, 25. Februar 2021

Belarus – die Volksversammlung zerstört Hoffnungen

Seit den Präsidentschaftswahlen in Belarus wurden ca. 35.000 Menschen verhaftet. Derzeit gibt es in Belarus 246 politische Gefangene und diese Anzahl wird sich in den nächsten Wochen und Monaten noch drastisch erhöhen, weil zahlreiche Verfahren noch ausstehen. Die wenigen Hoffnungen, welche es im Vorfeld, der in Minsk abgehaltenen „Allbelarussischen Volksversammlung“ gab, wurden dort endgültig zerstört. Seit 1996 findet diese Versammlung, durchschnittlich alle fünf Jahre statt. Lukaschenko hat diese Versammlung einst erfunden, um einen Dialog mit den „einfachen Menschen“ zu simulieren. In Wahrheit wurden aber stets jene Entscheidungen durchgewunken, welche es bereits im Vorfeld gab. Ganz besonders gilt dies für die Fünfjahrespläne.

Die einzige Überraschung war dieses Mal lediglich die Tatsache, dass die sechste „Allbelarussische Volksversammlung“, nicht bereits vor den Präsidentschaftswahlen einberufen wurde. Lukaschenko wollte sich wohl als Triumphator über die entkräftete Demokratiebewegung präsentieren. Insgesamt waren 2.400 handverlesene Delegierte anwesend, welche aus lokalen Behörden oder staatlichen Unternehmen stammen. Zusätzlich gab es noch 300 geladene Gäste. Der Palast der Republik war voll. Die Pandemie war für diesen Zeitraum uninteressant.

Eine kleine Anzahl Delegierter bekam ein paar Minuten Redezeit. Sehr viel Redezeit bekam Lukaschenko selbst. Immerhin wurde eine – jawohl, eine einzige oppositionelle Präsidentschaftskandidatin, als Gast eingeladen. Sie ist eher unbedeutend und ihr Name lautet Kanapazkaya. Sie durfte sogar vor versammelter Runde sprechen, aber kaum als sie zu sprechen begonnen hatte, wurde die Übertragung unterbrochen.

Besonders optimistische Oppositionelle hofften darauf, dass Lukaschenko eine Amnestie, für wenigstens ein paar politische Gefangene ausspricht. Lukaschenko sprach allerdings davon, dass es in Belarus keine politischen Gefangene gäbe und sprach lieber vom neuen Fünfjahresplan. Bis Ende des Jahres, soll eine Kommission diesbezügliche Vorschläge machen. Lukaschenko wird am Ende zustimmen, oder eben auch nicht. Lukaschenko versprach, dass er abtreten wolle, wenn es eine neue Verfassung gibt, welche den Weg für Neuwahlen ermögliche. Dafür müsse es aber einen friedlichen Übergang und Sicherheitsgarantien geben. Wenn sich die Lage in Belarus eines Tages beruhigt, dann wird es sich Lukaschenko garantiert wieder anders überlegen – Lukaschenko halt.

Besonders alarmierend war bei der Versammlung die Rhetorik Lukaschenkos. Er zitierte in seiner Rede Lenin. Er erinnerte an seine guten Gespräche mit Muammar Al-Gaddafi und wies darauf hin, dass er nicht wie Gaddafi oder Saddam Hussein enden werde. Besonders oft und gerne sprach Lukaschenko in der Versammlung über sich selbst. Man wähnte sich in einer Therapiestunde. Er sprach davon, dass er außer Belarus nichts habe. Immer wieder wies er darauf hin, dass man in den vergangenen Monaten eine Invasion der westlichen Mächte erlebt habe. Er nannte es einen „Blitzkrieg“.

Während der Volksversammlung schrieb die Zeitung „Kommersant“ dass es vielleicht einen neuen russischen Kredit über 3,5 Milliarden US-Dollar gibt. Geld, welches Belarus dringend braucht. Putin hatte bereits im September 2020 auf eine Verfassungsreform gedrängt und Lukaschenko hatte ihm diese auch bereits zugesichert. Er weiß allerdings ganz genau, dass ihm dieses, innenpolitisch schaden wird. Die Situation ist für Lukaschenko verzwickt. Gleichzeitig ist ihm nämlich bewusst, dass er vor dem Aus steht, wenn Putin ihn fallen lässt. In den nächsten Stunden wird sich Lukaschenko mit Putin in Sotschi treffen.

Seit dem 17. Februar läuft vor dem Obersten Gericht, das Verfahren gegen Viktor Babariko. Wenn er eine langjährige Haftstrafe aufgebrummt bekommt, dann wird dem Volk die Volksversammlung rasch egal sein. Er liegt in der Wählergunst, laut der „Chatham-House-Umfrage“, klar vor Lukaschenko.

Derzeit gibt es in Belarus kaum Massenproteste. Schuld daran sind nicht nur die harten Repressionen, sondern vor allem die eisige Kälte. Ich bin mir allerdings sicher, dass sich das am 25. März 2021, rasch ändern wird. Es ist „Der Tag der Freiheit“. Dieser Tag wird in jedem Jahr, zu Massenprotesten genutzt. Die Demokratiebewegung will durch internen und internationalen Druck einen echten Dialog über eine substanzielle Verfassungsreform, sowie freie und faire Neuwahlen erreichen – selbstverständlich ohne Lukaschenko. Die Demokratiebewegung wird in Belarus nicht mehr verschwinden und Lukaschenko wird auch weiterhin um seine Macht zittern müssen.

Worauf sich Lukaschenko wirklich stützen kann? Das sind die verschärften Strafen für die Beteiligung an Protestaktionen und an die aggressive Gewalt seines Sicherheitsapparates.

Wie hart die Strafen in Belarus mittlerweile geworden sind, zeigt das Gerichtsurteil gegen die beiden Belsat-Journalistinnen Katerina Bachvalova und Daria Tschulzoya. Ihr Verbrechen war, dass sie die Proteste gegen Lukaschenko gefilmt hatten. Sie wurden zu zwei Jahre Lager verurteilt...

Noch einmal das Schlusswort der Journalistin Katerina Andrejewa vor Gericht, bevor das Urteil gefällt wurde: „Ich habe alles: Meine Jugend, meinen liebsten Beruf, Bekanntheit und, am wichtigsten, ein reines Gewissen. Ich will meine Kräfte dem Aufbau eines Belarus widmen, in dem es keine politischen Repressionen gibt.“

Ich bin mir sicher, dass es für Lukaschenko, ab dem 25. März 2021, sehr, sehr ungemütlich wird.





1 Kommentar:

  1. Ich🦋danke dir für diesen sehr umfassenden aufgearbeiteten Artikel über Belarus -Lukaschenko und den Journalistinen in diesn Land!
    Es ist traurig mitzubekommen dass in diesem Land Meinungsfreiheit und unterdrückung der Menschen Rechte an der Tagesordnung stehen.
    Ich wünsche mir für die Menschen in diesen Land, Frieden und einen Start in einen bessere Zukunft.

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