Donnerstag, 12. August 2021

Kardinal Clemens August Graf von Galen – der Löwe von Münster

Er war wohl einer der hartnäckigsten Gegner der Nationalsozialisten und durch seine im Sommer 1941 gehaltenen drei Predigten, wurde er endgültig zum Löwen von Münster. Die Regentschaft des Kardinals dauerte ebenso lange wie jene von Adolf Hitler. Sie begann neun Monate nach der Machtergreifung Hitlers und endete auch neun Monate nach dem Tod des Führers. Pius XI. setzte Clemens August am 5.9.1933 zum Nachfolger auf dem Stuhl des heiligen Liudger in Münster ein. Die Nazis hatten keine Ahnung, welche Probleme ihnen dieser westfälische Bischof mit aristokratischer Herkunft, bereiten würde.

Kardinal Clemens August Graf von Galen war nicht nur einer der ersten deutschen Bischöfe, welcher die Lügen der Propaganda des Regimes und die Gefahr der nationalsozialistischen Ideologie durchschauen und mit extremer Entschlossenheit entlarven sollte, sondern er war auch einer, welcher die Verbrechen der Nazis scharf und öffentlich anprangerte und attackierte. In seinen Predigten prangerte er u.a. das Nazi-Projekt „Aktion T 4“ an. Dieses hatte die Vernichtung des lebensunwerten Lebens zum Ziel.

In seinem ersten Hirtenbrief an seine Diözese zu Ostern 1934 beschrieb van Galen die neuheidnische Weltanschauung des Nationalsozialismus und hebt den religiösen Charakter dieser Ideologie hervor: „Eine ruchlose neue totalitäre Doktrin, welche die Fundamente der Religion selbst und die heiligsten Geheimnisse der Offenbarung leugnet oder fälscht. Offensichtlich wird dadurch die Rasse über die Sittlichkeit gestellt, das Blut über das Gesetz… Eine Täuschung der Hölle ist im Gange… Manchmal verbirgt sich freilich dieses neue Heidentum sogar unter christlichen Namen".

Die erste seiner drei Predigten hielt Graf von Galen am 13. Juli 1941. Es war zu jenem Zeitpunkt, als er von der Beschlagnahmung der Niederlassungen der Jesuiten in der Königstraße erfuhr. Von diesem Tag an beschloss er höchstpersönlich einzugreifen und die offenkundig üblen Absichten der Gestapo zu entlarven.

Der Kardinal sprach von der Kanzel der Lambertkirche folgende Worte: „Das Verhalten der Gestapo fügt weiten Teilen der deutschen Bevölkerung schweren Schaden zu. Und darum erhebe ich im Namen des rechtschaffenen deutschen Volkes, im Namen der Majestät der Gerechtigkeit und im Interesse des Friedens und der Geschlossenheit der inneren Front meine Stimme, darum rufe ich laut als deutscher Mann, als ehrenhafter Staatsbürger, als Vertreter der christlichen Religion, als katholischer Bischof: ,Wir fordern Gerechtigkeit!“

Die Wirkung seiner ersten Predigt war enorm und als er nur eine Woche später, seine zweite Rede „vom Stapel“ ließ, war die Kirche bereits überfüllt. In seiner zweiten Predigt sprach er davon, dass die Machthaber ein Irrsinns-Projekt verfolgen, welches das gesamte Land ins Elend und den Ruin stürzen werde. Er sprach vom himmelschreienden Unrecht, welches die Ordensmänner und die lieben Schwester wie Wild jagt, sowie unschuldige Männer und Frauen verfolgt.

Die Predigt vom 3. August 1941, welche sich mit dem 5. Gebot auseinandersetzt, wird vom Propagandaminister der Nazis, als der heftigste Frontalangriff, welcher jemals gegen den Nationalsozialismus geführt worden ist, eingestuft. 

Der Kardinal hatte Kenntnis davon erhalten, behinderte Kinder, alte Menschen und Geisteskranke in westfälischen Heimen umgebracht werden sollten. Der Plan war streng geheim und alle jene, welche die Nazi-Diktatur selbst miterlebten, können die Bedeutung jener Worte richtig einschätzen, welche der Kardinal aussprach: „Jetzt werden hilflose Unschuldige ermordet, barbarisch ermordet; ebenso werden auch Menschen anderer Rasse, anderer Herkunft getötet. Wir haben es mit mörderischem Wahnsinn zu tun, der seinesgleichen sucht… Mit solchen Leuten, mit diesen Mördern, die stolz unser Leben mit Füßen treten, kann ich keine Volksgemeinschaft mehr haben!“ Danach bediente er sich der Worte des Apostels Paulus. Mit diesen beschrieb er die nationalsozialistische Obrigkeit: „Ihr Gott ist der Bauch!“ Die drei Predigten wurden einst sogar von der Royal Air Force vom Himmel über Berlin abgeworfen.

Adolf Hitler war extrem wütend und schwor, dass er es ihm bis auf den letzten Pfennig heimzahlen würde. Immerhin war er klug genug um zu wissen, dass es keine gute Idee wäre, den Kardinal umbringen zu lassen. Er wollte ihn nicht zum Märtyrer machen und einen Teil der Bevölkerung verlieren. Hitler beschloss also, sich seines Gegners, erst nach dem Kriegsende zu entledigen.

Papst Pius XII meinte zum mutigen Kardinal: „Die drei Predigten des Bischofs von Galen bereiten auch uns einen Trost und eine Genugtuung, wie wir sie auf dem Leidensweg, den wir mit den Katholiken Deutschlands gehen, schon lange nicht mehr empfunden haben. Der Bischof hat den Augenblick für sein mutiges Hervortreten günstig gewählt.“ Jene Briefe, welche Pius XII. zwischen 1940 und 1946 an den Bischof von Münster sandte, betonten immer wieder die Nähe ihrer Standpunkte und die Wertschätzung für das mutige des deutschen Bischofs.

Von Galen war in einer barbarischen Zeit der Anwalt der göttlichen Rechte und der Menschenwürde. Er war für die Menschen aller Konfessionen und Rassen der Bezugspunkt, im Kampf gegen die Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Am 9. Oktober 2005 erfolgte im Petersdom seine Seligsprechung.

Schade, dass Pius XII nicht dieselbe Stärke hatte, wie Von Galen. Der Papst war sich allerdings sicher, dass es für jene Menschen, welche sowieso bereits unter der Unterdrückung und Verfolgung der Nazis litten, es noch schlimmer kommen würde...









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