Dienstag, 2. August 2022

Sind die Strafmaßnahmen des Westens, gegen Russland, wirksam?

Fünf Monate sind seit dem Beginn der russischen Invasion in die Ukraine vergangen und der wirtschaftliche Kollaps Russlands ist ausgeblieben. Der Rubel ist genau so stark wie vor der Annexion der Krim, die Arbeitslosigkeit ist niedrig und die Einnahmen sprudeln. Für den Kreml ist der „formelle Zahlungsausfall“ seiner Staatsanleihen nichts anderes als eine westliche Propaganda.

Die russische Invasion in der Ukraine fand zu einem Zeitpunkt statt, als es der russischen Wirtschaft gut geht und diese sich von der Covid-19 Pandemie bereits bestens erholt hat. Ein BIP in der Höhe von 3,5% darf als durchaus solide betrachtet werden. Zu diesem Zeitpunkt eine Kriegsentscheidung zu treffen, hatte deshalb aus vielerlei Gründen keinerlei Logik.

Auf den russischen Einmarsch folgte eine noch nie da gewesene Blockadepolitik des Westens. Das eingefrorene Vermögen der Russischen Zentralbank beträgt zwischen 300 und 400 Milliarden US-Dollar.

Zum Vergleich

Die Währungsreserven der Österreichischen Nationalbank betrugen Ende Dezember 2021, ca. 30 Milliarden Euro. Die Währungsreserven der Deutschen Bundesbank betragen 261,4 Milliarden Euro.

In den ersten beiden Kriegswochen mussten die russischen Banken einen Abfluss von 30 Milliarden US-Dollar hinnehmen. Es setzt ein regelrechter Bank Run ein. Leider, so muss man feststellen, hat der Kreml daraufhin alles richtig gemacht und gut reagiert. Es folgten Währungskontrollen, eine Börsenschließung, eine Verdopplung der Leitzinsen auf 20 % und gänzlich neue Regelungen zum Zwangsverkauf von Fremdwährungs-einnahmen von privaten Unternehmen. Das liquide Kapital wurde also innerhalb der russischen Ökonomie eingesperrt und dadurch stabilisiert. Das war ein toller Erfolg des Kremls.

Irgendwie hat das jetzt Ähnlichkeiten mit einem künstlichen Koma. Es ist dadurch allerdings auch zu einer extremen Abkühlung der gesamten wirtschaftlichen Aktivitäten gekommen. Die Bevölkerung und auch die Unternehmen haben das zuvor abgehobene Geld wieder zu den Banken gebracht, um es jetzt unangerührt liegen zu lassen. Russische Auslandsinvestitionen wird es wohl in naher Zukunft hingegen kaum geben.

Fakt ist, dass sich Russland vor einer mittelprächtigen Rezession befindet. Der Einbruch der russischen Wirtschaftsleistung wird wohl ungefähr 12,5% des BIP ausmachen.

Was folgt danach?

Verschiedenste Analysen sind allesamt zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Es wird ein massiver Verlust der Wirtschaftsleistung folgen, welcher auf einem substanziell niedrigem Niveau endet. Schlimm ist zusätzlich, dass danach keine Erholung erfolgt. Es sieht alles nach einer Deindustrialisierung aus, welche die Wirtschaft um ca. 30 Jahre zurückwirft.

Jetzt beginnt in Russland jene Phase wo der Staat von den Betrieben Kurzarbeit fordert. Das besondere dabei ist, dass diese aus den Unternehmensmitteln bezahlt werden müssen. Selbstverständlich ist das eine gute Möglichkeit, um die tatsächliche Arbeitslosigkeit zu verschleiern. Für die russische Bevölkerung beträgt der Lohnrückgang, je nach Branche, zwischen 8 und 25 %.

Einige der staatlichen Betriebe bereiten ihr Personal mit der Zuteilung von Datschen-Grundstücken auf die Selbstversorgung vor. Die entstehende Lohnlücke soll durch die Möglichkeit zur Eigenernährung privat gedeckt werden.

In den russischen Job-Portalen gibt es einen massiven Anstieg an Jobgesuchen. Ungefähr 8 % der Bevölkerung sind vom ausländischen Kapital, also deren Unternehmenspräsenz, sowie ungestörten Handelsbeziehungen abhängig. Die Konsumlaune befindet sich in Russland auf niedrigem Niveau. Interessant ist, dass amtliche Zoll- und Handelsstatistiken nicht mehr veröffentlicht werden. Die Einfuhren nach Russland sind um bis zu 60 % gesunken.

Die Herstellung von Stahl ist um 25 – 30 % und die Produktion von Holz um bis zu 80 % gesunken. Der russische Automobilsektor hat bis Ende Mai einen Rückgang von bis zu 97 % des bisherigen Produktionsvolumens hingelegt. Gerade im Automobil-Sektor ist Russland bemüht, die Lücken der sich zurückziehenden Konzerne zu schließen. Das geschieht allerdings auf extrem niedrigem Niveau. Keine Airbags, keine ABS-Systeme und keine komplexe Elektronik. Es wird auch in vielen anderen Bereichen gewerkt, um Coca-Cola, McDonalds und sogar Küchengeräte zu ersetzen. Manches mag ja irgendwie gelingen, aber beim Ersatz von Computerchips, Servern und Smartphones sehe ich schwarz. Das wird Russland aus eigener Kraft nicht bewerkstelligen können.

Oft wird darüber gesprochen, dass China der große Retter Russlands ist. Nein, China wird es wohl eher auch nicht sein. Die russischen Flugzeuge fliegen nicht einmal die chinesischen Flughäfen an, weil man Angst hat, dass dort Pfändungen exekutiert werden, welche im Auftrag der westlichen Leasingfirmen erfolgen.

Der Kreml hat sich das wohl ein wenig anders vorgestellt, aber die chinesischen Firmen haben keine Lust auf irgendwelche Konstellationen, wodurch sie auch nur in die Nähe von westlichen Sekundärsanktionen geraten könnten.

Das ist der Grund, warum es keine chinesischen Ersatzteile für russische, zivile Flugzeuge gibt. Das ist auch der Grund, warum sich Huawei, Lenovo und Xiaomi aus Russland zurückziehen. China wird auch keine große Hilfe sein, wenn man das Land als neuen Kunden für Energielieferungen gewinnen will. Immerhin würde die Errichtung einer Pipeline und Lieferinfrastruktur, nach russischen Schätzungen übrigens, an die zehn Jahre dauern.

Die russische Invasion in die Ukraine kostet dem Land täglich hunderte Millionen von US-Dollar. Wie wird die russische Regierung, die ärmste Bevölkerungsschicht in einer Wirtschaftskrise unterstützen können? Die Bevölkerung wird schon sehr bald merken, wie ihre Finanzen schrumpfen. Die Ära des Wohlstands, welche mit dem Beginn der ersten Präsidentschaft Putins begann, ist jedenfalls vorbei.


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