Mittwoch, 10. November 2021

Massiver Einsatz von Pestiziden in Brasilien

2.300 Pestizide kommen in Brasilien zum Einsatz. Zahlreiche renommierte Wissenschaftler*innen haben bei einer öffentlichen Anhörung der Umweltkommission in Brasilien diesen enormen Einsatz an Pestiziden kritisiert. Es müssen alternative und umweltverträgliche Praktiken zur Schädlingsbekämpfung gefördert werden. Fakt ist, dass Kleinbauern und indigene Gruppen sich nicht gegen diese Praktiken wehren können, weil die Pestizide weiterhin aus den Flugzeugen verstreut werden und dieses immer noch erlaubt ist.

Senator Fabiano Contarato (Rede-ES) verwies in seiner Rede vor der Anhörung darauf, dass die meisten der eingesetzten Pestizide in den USA und der EU verboten sind. Der Grund ist deren Neurotoxizität. Er selbst war dabei und konnte beobachten, dass indigene Völker aus Mato Grosso do Sul, nach Pestizid-Besprühungen unter Durchfall, Erbrechen, Fieber und Kopfschmerzen litten.

Wer glaubt, dass der enorme Einsatz an Pestiziden dazu geführt hat, dass die Erträge im selbigen Ausmaß gestiegen sind, muss schwer enttäuscht werden. Seit 2010 ist ein jährlich steigender Verkauf von Pestiziden, in der Höhe von 43 % feststellbar. Im selbigen Zeitraum ist die Anbaufläche um insgesamt 20 % gestiegen.

Hat Präsident Jair Bolsonaro etwas mit dem vermehrten Pestizid-Einsatz zu tun?

Jair Bolsonaro hat sein Amt im Jänner 2019 angetreten und seit damals wurden 1.257 Pestizide zugelassen. Für den ökologischen Landbau und auf der biologischen Basis sind es davon lediglich 160 gewesen. Ein trauriger Rekord, weil man mit den nunmehr ca. 2.300 Pestiziden weltweit auf Platz 1 des Verbrauchs liegt. In der EU sind die meisten der in Brasilien eingesetzten Pestizide bereits seit mehr als 20 Jahren verboten.

80 % der in Brasilien eingesetzten Pestizide werden für den Anbau von Baumwolle, Mais, Soja und Zuckerrohr eingesetzt. Die gesundheitlichen Folgeschäden wurden letztmalig für die Jahre 2007 bis 2017 verkündet. Damals gab es – nach offiziellen Angaben – und wir sprechen da noch lange nicht von der vermutlich vielfach höheren Dunkelziffer, 41.612 Vergiftungen. Zu diesen gehörten auch 514 Babys.

Forscher der Princeton University, der Getulio Vargas Stiftung und von Isper, haben in einer Studie dokumentiert, dass es durch den exorbitanten Einsatz von Glyphosat in den Sojaplantagen, zu einem Anstieg der Kindersterblichkeit um fünf Prozent in jenen Gemeinden gibt, welche das Wasser aus diesen Sojaanbaugebieten erhalten. Im Zusammenhang mit dem Einsatz von Glyphosat im Sojaanbau ergibt das 503 zusätzliche, jährliche Todesfälle bei Säuglingen...

Man sollte öfter auf Menschen wie Antonia Ivoneide hören. Sie ist die nationale Koordinatorin der Landlosenbewegung MST. Es ist ein Hilferuf, wenn sie davon spricht, dass die Vergiftung, welche aus der Luft erfolgt, die zahlreichen ökologischen Kulturen der Kleinbauern beeinträchtigt und das nur deshalb, weil es rund um sie, diese Unmengen an Monokulturen gibt. Ist halt nicht gerade toll für die Kleinbauern, welche ihre ökologischen Erzeugnisse deshalb auch nicht mehr als solche verkaufen können. Der immense Einsatz an Pestiziden verseucht die Böden, Flüsse und das Grundwasser – und das oft kilometerweit vom eigentlichen Bestimmungsort entfernt.

Wo sind denn eigentlich die Nutznießer beheimatet? Wo sind also jene Firmen zu finden, welche diese Tragödien zu verantworten haben?

Weit mehr als die Hälfte der in Brasilien zugelassenen Agrarchemie-Unternehmen sind in China beheimatet. Jetzt ratet mal, wer die meisten brasilianischen Sojabohnen kauft! Hurra, auch das ist China! Jene Gifte, welche in Brasilien zum Einsatz kommen, sind genau jene, welche in der EU verboten wurden. Damit man nicht gleich dahinter kommt, verwendet man lediglich einen anderen Namen.

Ja, es gibt alternative Beikraut- und Schädlingskontrollmethoden, welche weit weniger oder gar nicht toxisch sind. Das haben auch die Agrarökonomischen Forscher*innen vom Institut für angewandte Wirtschaftsforschung in der Anhörung verkündet. Die internationalen Agrarchemie-Unternehmen haben allerdings kein Interesse daran. Sie wollen viel lieber ihre derzeit in der Landwirtschaft eingesetzten Produkte verwenden.

Wir – die Konsumenten – haben es selbst in der Hand, die Unternehmen zu zwingen, die richtige Entscheidung für unsere Gesundheit und unser Klima zu treffen. Kaufen wir doch vermehrt Bio-Produkte und lassen wir die anderen Produkte im Regal zurück. Weniger Gifte im Körper zu haben, sollte uns der höhere Preis schon wert sein und glaubt mir, je mehr Menschen mitmachen, desto schneller wird sich auch die Preisspirale nach unten drehen und das Angebot wird sich ebenso ändern.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen