Dienstag, 20. September 2022

Jair Bolsonaro missbraucht den 200. Unabhängigkeitstag Brasiliens für seinen Wahlkampf

Das ist halt auch eine Möglichkeit, seinen Wahlkampf zu führen, wenn auch gewiss nicht legal. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, hat den 200. Unabhängigkeitstag Brasiliens dazu genutzt, um daraus einen Wahlkampfauftritt zu machen. Wie das funktioniert? Man nimmt auf der einen Seite der Straßenseite die Militärparade ab und wechselt danach die Straßenseite, um vor seinen zehntausenden Anhänger*innen (ja mobilisieren kann er), diese auf den Kampf zwischen „Gut und Böse“ einzustimmen. Irgendwie seltsam, dass er sich selbst auf der „Guten Seite“ sieht.

In seiner Rede hat Bolsonaro seinen Herausforderer, Lula da Silva, als „Bandenchef mit neun Fingern“ bezeichnet. Dieser wolle das Volk seiner Freiheit berauben. So mancher meiner Leser*innen wird sich jetzt fragen, warum Lula da Silva eigentlich nur neun Finger hat. Es handelt sich dabei, um eine Handverletzung, welche er sich in seiner ehemaligen Tätigkeit als Metallarbeiter zugezogen hat. Jair Bolsonaro meinte außerdem: „Personen wie diese müssen aus dem öffentlichen Leben getilgt werden".

Ein Manöver der brasilianischen Marine vor der Küste von Rio de Janeiro, nutzte der Präsident, um an der Copercabana, das Militär, die Polizei, Brasilien, Gott und sich selbst, als Beschützer der brasilianisch-christlichen Identität zu preisen… Unter dem frenetischen Jubel seiner zehntausenden Sympathisant*innen, versprach er (sollte man eher als Drohung auffassen), dass unter seiner Regierung, niemals Drogen oder Abtreibungen zugelassen werden…

Welche Bevölkerungskreise zieht dieser Jair Bolsonaro eigentlich an?

Meistens sind es erzkonservative Evangelikale, Vertreter*innen einer gewissen Law-and-Order Philosophie und nicht zu vergessen, jene Menschen, welche aus dem Agrarbusiness stammen und damit sind nicht die unzähligen Kleinbauern gemeint. Die Gefährlichkeit seiner Anhänger unterstreicht, dass diese – wie auch bereits bei unzähligen Kundgebungen zuvor – auf Plakaten und Transparenten, eine „Militär-Intervention“ oder die Absetzung des Obersten Gerichtshofs fordern.

Die Drohungen gegen den Kongress und den Obersten Gerichtshof

In diesem Jahr ist es den politischen Partnern von Jair Bolsonaro gelungen, den Präsidenten daran zu hindern, selbst offene Drohungen gegen den Kongress und den Obersten Gerichtshof auszusprechen. Der Kongress und der Oberste Gerichtshof haben nämlich immer wieder dafür gesorgt, dass Jair Bolsonaro, bei seinen exekutiven Alleingängen, ausgebremst wurde.

Eines hat sich Jair Bolsonaro bei dem für seinen Wahlkampf missbrauchten Unabhängigkeitstag nicht nehmen lassen. Er hat auf den Militärputsch im Jahr 1964 verwiesen und dabei anmerken lassen, dass sich dieses Ereignis, durchaus wiederholen könne. Man muss dazu wissen, dass die Anspielungen des Präsidenten, zur Entmachtung der Justiz und des Parlaments durch das Militär, bereits in den vergangenen Jahren, zu Ermittlungsverfahren und auch zu Versuchen geführt haben, ihn seines Amtes zu entheben.

Der Sohn des Präsidenten, Eduardo Bolsonaro, kennt übrigens keine Skrupel und hat alle Waffenbesitzer*innen dazu aufgefordert, sich seinem Vater anzuschließen. Auf Twitter schrieb er, dass alle jene, welche eine Waffe besitzen oder einem Schützenverein angehören, sich zu einem „Freiwilligen Bolsonaros“ machen sollen...

Bereits im Vorfeld der Feierlichkeiten zum 200. Unabhängigkeit, haben Generäle, die Justiz und auch Koalitionspartner darauf gedrängt, die offiziellen Feierlichkeiten und die Wahlkampfveranstaltungen, zumindest räumlich zu trennen. Die Militärs, welche auch einen Großteil des Kabinetts von Jair Bolsonaro stellen, sind jedenfalls der Auflage des Obersten Gerichtshofs gefolgt. Sie haben die geplante Landung der Fallschirmjäger*innen an der Copacabana gecancelt. Jair Bolsonaro sollte wenigstens dieser spektakulären Kulisse beraubt werden.

Die linke Opposition hat jedenfalls angekündigt, rechtliche Schritte, wegen der Vermischung eines Staatsaktes mit einem Wahlkampf, einzuleiten. Seine größten Herausforderer: Lula da Silve, Ciro Gomes und Simone Tebet beklagen den aggressiven Ton und die Vereinnahmung des 200. Unabhängigkeitstages, für eine Wahlkampfveranstaltung.

Randolfe Rodrigues, der Oppositionsführer im Senat, hat bereits angekündigt, das Vorgehen des brasilianischen Präsidenten vor Gericht zu bringen. Es müsse unbedingt überprüft werden, ob Jair Bolsonaro, den Staatsapparat, für seinen eigenen Wahlkampf missbraucht habe.

Jair Bolsonaro und sein Freund Donald Trump

Ob es den amtierenden, brasilianischen Präsidenten tatsächlich helfen wild sei dahin gestellt, aber Donald Trump hat ihm seine Unterstützung zugesichert. In seinem eigenen, sozialen Netzwerk „Truth Social“, hat der ehemalige Präsident der USA, Donald Trump verkündet, dass Jair Bolsonaro, einen großartigen Job für die Menschen in Brasilien erledigt. Kein anderer Staatschef habe ihn, während seiner Zeit im „Weißen Haus“ öfter angerufen, um Zoll- und Steuersenkungen zu erreichen. Er hätte sich mit ihm auch stets über die Drogenpolitik, Grenzüberwachung und Militärhilfe ausgetauscht. Abschließend meinte Donald Trump: „Bolsonaro liebt Brasilien über alles. Er ist ein wunderbarer Mann und hat meine volle und uneingeschränkte Unterstützung“.

Dieses Statement hat Donald Trump, nur einen Tag nach dem 200. Unabhängigkeitstag und dessen Vereinnahmung für die Wahlkampfzwecke von Jair Bolsonaros verkündet.

Seit 2018 werden Bolsonaro und Trump, wegen ihrer ideologischen Positionen und ihrem Auftreten verglichen. Eine Geschichte scheint sich nun ebenso zu wiederholen. Bolsonaro behauptete bereits mehrmals, dass das brasilianische Wahlsystem anfällig für Betrug und Manipulation sei. Er hatte bereits mehrmals verkündet, dass er das Abstimmungsergebnis nicht anerkennen werde, wenn dieses nicht ihn selbst, als Gewinner ausweise.

Das kennen wir doch von irgendwo… Donald Trump behauptet ja bis zum heutigen Tag, dass er der eigentliche Sieger der letzten US-Präsidentschaftswahl sei. Jair Bolsonaro erwähnte in diesem Zusammenhang, bereits mindestens ebenso oft, dass er in dieser Angelegenheit, voll auf der Seite von Donald Trump steht.

Es bleibt lediglich zu hoffen, dass Jair Bolsonaro, bei seiner überaus wahrscheinlichen Niederlage, bei der brasilianischen Präsidentschaftswahl, nicht das Militär einsetzt, um in einem Staatsstreich, weiterhin an der Macht zu bleiben.




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