Mittwoch, 4. März 2015

Das KZ Gusen - Grabungen, Baustopp und zwei Pressekonferenzen

Die Grabung

Der Linzer Filmemacher Andreas Sulzer, ist in St. Georgen, auf der Suche nach weiteren Stollen des Rüstungsprojekts „Bergkristall“ dank der Unterlagen eines ehemaligen CIA-Geheimagenten, welcher im Jahre 1944 in St. Georgen aktiv war, fündig geworden. Laut der Aufzeichnung des Agenten befände sich am Gelände des einstigen SS-Schießplatzes der Eingang zu einem umfangreichen Stollensystem. Mit der Genehmigung des Grundbesitzers wurde Andreas Sulzer nach der Entfernung einer sechs Meter dicken Lehmschicht fündig. Es wurde ein aus massivem Granit bestehendes NS-Bauwerk freigelegt. Sulzer konnte dort einen Stahlhelm der Waffen-SS, SS-Warntafeln und ein Waffenrad freilegen... Den Fund meldete er sofort bei der Gemeinde. Diese schaltete das Denkmalamt ein und an der Grabungsstelle erschienen Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Perg gemeinsam mit mehreren Polizisten.

Sulzer und sein Team erhielten Anzeigen, weil "ohne Genehmigung auf historischem Boden Grabungen durchgeführt wurden"...

Presskonferenz vom 21.01.2015

Die Vorsitzende des Gedenkdienstkomitees Gusen
Martha Gammer führt aus:

„In Österreich spricht man weiterhin nur von Mauthausen und das mit Zahlen die dem gesamten Mauthausner System zuzuordnen sind also nicht dem Hauptlager alleine. Fotos aus Gusen wurden für Mauthausen verwendet. Mauthausen ist der Focus des Gedenkens, weil es dort die nötige Infrastruktur für die Touristen gibt...

In Gusen sind 44.000 registrierte Häftlinge zu Tode gekommen. Vermutlich waren es aber 70.000. Es gab Gusen I, Gusen II und Gusen III. Allgemein hieß es, nur nicht nach Gusen. In der Häftlingsgesellschaft war das ein sehr bekanntes Wort. Gusen I - Das ist die Hölle. Gusen II – Das ist die Hölle aller Höllen. 1942 gab es eine höhere Zahl an Häftlingen als in Mauthausen. Mehr als 50% der Häftlinge fanden hier den Tod. Der Höchststand an Häftlingen wurde im Jänner 1945 mit rund 24.000 inhaftierten erreicht. In den Monaten Jänner, Februar und März 1945 gab es jeweils zwischen 4.000 und 9.000 Tote.

In den Stollen wurden hier in Gusen die ersten Düsenflugzeuge erzeugt, Es wird seither von der tollen Leistung der Deutschen Technik gesprochen...

Für die meisten Österreicher sind die hier Ermordeten kein Thema. Es ist unbekannt. Durch die Freigabe der britischen Luftaufnahmen aus dem Jahre 2003 sind neue Fragen aufgetaucht. Was sollen diese riesigen Baustellen an Plätzen wo nach der Befreiung schon wieder glattes Feld war? Was sollen die kreisrunden, ausbetonierten Löcher mitten in den Feldern? Was soll das tiefe Loch hinter der vor der SS 1941 errichteten Schießstätte. Herr Dr. Perz hat es in Ferndiagnose einen Luftschutzunterstand genannt. Für wen denn? Alle mussten in die Stollen bei einem Alarm. Bei der Schiessstätte gab es nur das Altenheim und zwei Häuser... Wie groß war Bergkristall wirklich? Im Archiv des Heimatvereins fanden sich Berichte über Stolleneinbrüche 1959 weit außerhalb des heutigen bekannten Perimeters von Bergkristall. Was ist das für ein Stollen der da eingebrochen ist? 1983 fanden Grabungen zur Neufassung der SS Tiefbrunnenanlage im heutigen Brunnenschutz gebiet statt. In 19,5 Meter Tiefe kamen der spätere Bürgermeister Hackl und sein Team bei Bohrungen nach Wasser auf eine massive Eisenplatte, die Sie nicht mehr durchbohren konnten. Sie probierten es auch daneben, aber auch dort ging es nicht. Heute heißt es in diesem Gebiet sei massiv Grundwasser.

Als Vorsitzende des Gedenkdienstkomitees fordert Martha Gammer

Aufklärung über das Schicksal tausender Menschen, welche heute noch gesucht werden und deren Familien bis heute keine Ahnung haben wo diese hingekommen sind und auch nicht in der Registratur der Todesliste von Mauthausen enthalten sind. Diese Familien haben ein Recht zu erfahren wofür diese Menschen missbraucht und getötet worden sind. Was ist unter unseren Häusern denn eigentlich? Wer sagt denn, dass der Beton des 1.000-jährigen Reichs auch wirklich
1.000 Jahre hält? Welche Chemie wurde damals hierher gebracht? Was ist in den Stollen tiefer als Bergkristall wirklich produziert worden? Was wurde 1968 bei der ersten Prüfung dieser Anlagen für ein später geplantes Atommülllager festgestellt? Diese Fragen sind bis heute nicht geklärt. Es geht um einen würdigen Umgang mit möglichen Toten irgendwo unter uns, um unsere eigene Sicherheit und um die Gesundheit unserer Kinder.


Im Gegensatz dazu eine Pressekonferenz der Bezirkshauptmannschaft Perg am 26.01.2015

Kurz zusammengefasst

Bei Erkundungsbohrungen bis zu 122 Meter Tiefe wurden keine Hohlräume entdeckt. Es gibt keine Hinweise auf angebliche nukleartechnische Tätigkeiten. Andreas Sulzer hat keine Erweiterungspläne aus Gusen besessen, sondern Pläne aus Langenstein und Mainz-Weisenau. Es gab keine auffälligen Bahntransporte, dies geht aus den Wagenkontrollbüchern des Bahnhofs St. Georgen hervor. In den gesprengten Stollen gibt es keine zehntausende unentdeckte KZ-Häftlinge, weil es keine „fehlenden Toten“ gibt. Es gibt keinen Beweis für Atom(bomben) Aktivitäten. Der Interview Ausschnitt eines KZ Überlebenden sei aus dem Zusammenhang gerissen. Ein weiteres Stollenbauprojekt wurde nicht in St. Georgen, sondern in Hersbruck-Happurg realisiert. Bei Betonoktogon handelt es sich um einen Lüftungsschacht und nicht um eine Raketenabschussrampe...

Viel unterschiedlicher geht’s wohl nicht mehr...

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