Dienstag, 6. September 2016

Karl Heinz Grasser – die Erfolgsstory?

Am 7. Februar 2011 kam die erste Ausgabe meiner Straßenzeitung "Der ÜBERFLIEGER" heraus. Dies war mein erster Artikel - lange her und immer noch aktuell...

Ein guter Tag – beginnt mit einem sanierten Budget!

Das waren noch Zeiten als der jüngste Finanzminister aller Zeiten uns diese frohe Botschaft überbrachte. Wer konnte schon ahnen, dass er ausschließlich sein eigenes Budget und das seiner Freunde gemeint hatte. 2002 wurde das von ihm angestrebte 0er Defizit erreicht – aber wie! Steuern, Gebühren, Abgaben und Mautabgaben wurden erhöht und die Abgabenquote erreichte 46,5 %. Die österreichischen Tabakwerke wurden teilprivatisiert und die österreichische Nationalbank verkaufte aufgrund der Euroeinführung Gold- und Devisenreserven.

2004 vermeldete unser ehemaliger Herr Finanzminister ein Defizit von 1,2 % - gar nicht mal so schlecht – aber leider bei weitem nicht wahr! Beim Nachrechnen durch die EU-Behörden musste dieser Wert auf 4,4 % verändert werden. Warum? Weil ein Herr Grasser die läppischen 7,5 Milliarden! Euro für die ÖBB halt nicht ins Budget mitgenommen hat. Diese 7,5 Milliarden setzen sich aus einem Schuldennachlass des Bundes gegenüber der ÖBB und einer Kapitalaufstockung der ÖBB zusammen.

Es folgen ein paar nette Beispiele für die „Erfolge“ als Finanzminister

Die Kontroversen oder vielleicht darf man ja auch nur Missverständnisse des Herrn Grasser sagen, begannen bei der sogenannten Homepage Affäre. In der sogenannten „Homepage-Affäre“ wird Grasser vorgeworfen im Jahr 2004 ca. 250.000 Euro an Spendengeldern der österreichischen Industriellenvereinigung zwecks Erstellung seiner offiziellen (nach anderen Angaben auch: privaten) Webseite nicht versteuert zu haben. Grasser betont, dass die Spenden nicht an ihn, sondern an den „Verein zur Förderung der New Economy“ gegangen sind. Grasser selbst ist nicht Mitglied des Vereins. Der Vereinsobmann war Matthias Winkler – Grassers Kabinettschef.

Die Webseite wurde von FirstInEx gestaltet, einem Tochterunternehmen des später unter mysteriösen Umständen mit mehr als 22 Millionen Euro Verbindlichkeiten in den Konkurs geschlitterten Internetanbieters Yline. Grasser war an Yline mit 285 Aktien beteiligt. Sein Vater hielt Aktien an FirstInEx...

2004 – die Privatisierung der Bundeswohnungen

Zwei Bekannte des damaligen Finanzministers Grasser, der PR-Berater und Ex-FPÖ Politiker Peter Hochegger und der Lobbyist Walter Meischberger, hatten Selbstanzeige erstattet, weil sie 9,6 Millionen Euro Honorar, das sie vom Sieger des BUWOG-Verkaufs Immofinanz erhielten, über eine Briefkastenfirma namens Astropholis an der Finanz vorbeigeschmuggelt hatten.

Die Immofinanz hatte die bis dahin bestbietende CA Immuno in letzter Minute überraschend um 1,3 Millionen Euro überboten. Die Insiderinformation, wonach das Bestgebot bei 960 Millionen Euro lag, soll von Grasser über Hochegger gegen Provision an die Immofinanz weitergegeben worden sein. Grasser beteuert, von der Zahlung nichts gewusst zu haben. Ein ehemaliger Mitarbeiter Grassers bezeichnete den Deal jedoch als „abgekartetes Spiel“. Gegen Grasser wird wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch und Bruch des Amtsgeheimnisses sowie wegen Verdachts auf Untreue ermittelt.

Der Linzer Terminal Tower

2005 setzt sich Grasser überraschend für die Übersiedlung der Finanzlandesdirektion Oberösterreich in den Linzer Terminal Tower ein. Die österreichische Baugesellschaft Porr AG, geleitet vom nunmehrigen ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker, vereinbarte 2005 mit Meischberger und Hochegger ein Beraterhonorar von 200.000 Euro um „Hindernisse in Zusammenhang mit einem von der Porr in Linz entwickelten Büroprojekt aus dem Weg zu räumen.“ Bei dem Projekt handelt es sich um den von der Porr und der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich errichteten Terminal Tower nahe dem Linzer Hauptbahnhof. Die Projektbetreiber wünschten sich die Finanzlandesdirektion Oberösterreich als Mieter, die politisch dem von Karl-Heinz Grasser geführten Finanzministerium unterstellt ist. Grasser sprach sich zunächst aufgrund der höheren Mietkosten gegen den neuen Standort aus, revidierte jedoch seine Meinung just zu jenem Zeitpunkt als die zur Porr AG gehörende UBM-Realitätenentwicklung-AG (UBM) die beiden Berater Meischberger und Hochegger engagierte.

Im Gegensatz zum ersten Auswahlverfahren traf das Ministerium die Entscheidung diesmal freihändig. Die Vertreter der Finanz-Dienststellen, die der Übersiedlung äußerst kritisch gegenüberstanden, wurden kurzerhand aus der Vergabekommission ausgeschlossen. Wie bei der BUWOG erfolgte die Auszahlung des Porr-Honorars erst 2007. Auch diese Transaktion soll über die zypriotische Briefkastenfirma Astropolis gelaufen sein.

Die BAWAG-Affäre

2006 wurde bekannt, dass Grasser den in die BAWAG-Affäre involvierten Wolfgang Flöttl mehrmals getroffen hat. Unter anderem verbrachte Grasser im August 2005 zwei Tage mit Flöttl gemeinsam auf einer Yacht von Julius Meinl V.. Dies wurde von Grassers Sprecher zunächst öffentlich dementiert, nach zwei Tagen wurden die Treffen mit Flöttl jedoch bestätigt. Grasser bestreitet die persönliche Bekanntschaft mit Flöttl nun nicht mehr. Grassers früherer Pressesprecher Lepuschitz ist Staatskommissär bei der Julius Meinl Investment GmbH. Wolfgang Flöttl wiederum war in unterschiedlichen Aufsichtsratfunktionen bei der Meinl-Bank tätig...

Die Verstöße gegen das Unvereinbarkeitsgesetz

2004 ließ sich Grasser seine Urlaubsreise auf die Seychellen durch die Agentur ZehnVierzig des Immobilienlobbysten Walter Meischberger bezahlen.

Am 15./16. März 2005 hatte die Verlobte von Karl-Heinz Grasser einen Unfall mit einem Porsche Cayenne. Die Untersuchungen ergeben, dass das Auto dem damaligen Finanzminister Grasser von einem „Wahl-Onkel“ zur Verfügung gestellt wurde. Dieser „Freund der Familie“ saß seit 2001 auf Vorschlag seines „Nenn-Neffens“ Grasser als Aufsichtsrat in zwei Gesellschaften, die zu 100 % im Eigentum der Republick stehen: in der Bundespensionskasse und im Bundesrechenzentrum, bei Letzterem war Grasser Eigentümervertreter. Auch hier stellt sich wieder einmal die Frage nach der Versteuerung...

Die Constantia Privatbank

2006 wurde eine Einladung Grassers zu einem Vortrag samt Nächtigung in St. Moritz auf Kosten der Constantia Privatbank bekannt, nachdem Grasser tags zuvor behauptet hatte, im Unterschied zu bekannten sozialdemokratischen Ex-Politikern wegen Unvereinbarkeit mit seinem Amt solche Einladungen von Banken nicht anzunehmen...

Grasser verdient am Verkauf der Hypo Bank mit

Er soll sich noch während seiner Amtszeit mit einer halben Million Euro indirekt über die Schweizer Treuhandgesellschaft Ferint AG an der von Tilo Berlin geleiteten Investorengruppe beteiligt und damit gegen das Unvereinbarkeitsgesetz verstoßen haben. Grasser hätte das Investment dem Präsidenten des Rechnungshofes melden müssen. Grasser ließ die Berichte durch seinen Anwalt dementieren. Am 26. März veröffentlichte Format einen vertraulichen Prüfbericht der Österreichischen Nationalbank, in dem Grassers Geschäfte detailliert nachgewiesen werden. Am 1. April 2010 zitiert die Süddeutsche Zeitung aus einem E-Mail von Tilo Berlin vom 22. Dezember 2006 an Grasser. Darin wird der damalige Finanzminister gebeten, den Betrag für die geplante Beteiligung an der Hypo Alpe Adria zu überweisen. Das E-Mail enthält auch den Zeichnungsschein und alle weiteren Unterlagen für die Transaktion...

Die Steuerhinterziehung

Ende Jänner 2011 wurde bekannt, dass Grasser im Herbst 2010 Selbstanzeige bei der Finanz erstattete. Er hatte von 2002 bis 2008 – also auch in der Zeit seiner Tätigkeit als Finanzminister – Einkünfte aus Spekulationsgewinnen und Dividenden nicht versteuert. Grasser hat die Steuerschuld in Höhe von 18.000 Euro mittlerweile beglichen. Mögliche weitere Steuerschulden von vor 2002 sind bereits verjährt... Seine Spekulationsgewinne von 1999, 2000 und 2001 hat er nachträglich nicht versteuert und muss er auch nicht – schließlich hat er ja selbst als Finanzminister die Verjährungsfristen in Finanzangelegenheiten von 10 Jahren auf 7 Jahre gesenkt. Wie Berlusconi...

Dem österreichischen Staat ist also – weil er diese drei Jahre eben nicht nachträglich versteuerte – sehr wohl ein finanzieller Schaden entstanden...

Sonstige Bonmots zu Karl-Heinz Grasser

Grassers Urlaub auf den Malediven sorgt 2005 für Aufregung, als er nach der Tsunamikatastrophe im Indischen Ozean seinen Urlaub nicht abbrach.

Zuerst erklärte Grasser, dass ihn die Regierung der Malediven bat zu bleiben, um bei den Hilfsmaßnahmen zu helfen. Das stellte sich als unwahr heraus...

Danach erklärte er, dass kein Platz für einen Rückflug zur Verfügung gestanden sei. Dies wurde wiederum von den Austrian Airlines dementiert...

Der beste Finanzminister Europas

Grasser behauptete im November 2006 mehrfach, „vor kurzer Zeit in der Financial Times zu einem der besten europäischen Finanzministern gewählt worden zu sein“ (Zitat Grasser)

Wie sich jedoch herausstellte, war dem nicht so. 
 
Ralph Atkins (der Autor des betreffenden Artikels) dementierte diese Behauptung mit den Worten: „Ich habe den österreichischen Finanzminister nicht erwähnt, weil die budgetpolitischen Indikatoren nicht für eine Top-Platzierung in puncto Leistung des Ministers ausreichen. Grasser erscheint zwar in der Liste der „effektivsten“ Finanzminister Europas an erster Stelle, jedoch nur weil die Finanzminister alphabetisch nach Ländern gereiht wurden." 
Grassers Name wurde im Artikel über Fachkompetenz und ökonomische Erfolge der EU-Finanzminister nicht einmal erwähnt...

Ende November 2006 wurde Grasser in einer ZIB von Armin Wolf mit E-Mails konfrontiert, die belegen, dass Grassers Pressesprecher in seiner Dienstzeit auch die privaten Termine von Grassers Ehefrau (Fiona Swarovski) koordinierte...

Einfach köstlich auch, als Karl-Heinz Grasser während einer Fernseh-Diskussion plötzlich einen „Fanbrief“ einer weiblichen Person hervorzaubert welche ihm bescheinigt, dass er nur aufgrund seiner Schönheit, Jugend und Intelligenz verfolgt wird...

Es gilt die Unschuldsvermutung!

Das heißt – es gilt jeder so lange als unschuldig bis seine Schuld bewiesen ist.

Die Frage ist halt wie lange würden Sie oder ich bei dieser Kette an Zufälligkeiten als unschuldig gelten...




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