Dienstag, 6. Dezember 2016

Brasilien – höherwertige nationale Interessen stehen über dem Recht der Indigenen

Stellt Euch vor, dass ihr Recht habt, Recht bekommt und am Ende doch nichts damit anfangen könnt. Dasselbe passiert derzeit den Indigenen in Brasilien. Seit einem Jahr befindet sich im Amazonasgebiet, das Wasserkraftwerk Teles Pires (am gleichnamigen Fluss) in Betrieb. Das für den Fall zuständige brasilianische Bundesgericht hat in zweiter Instanz bestätigt, dass mit dem Bau und der Inbetriebnahme des Staudamms, die Rechte der Indigenen Apiaká, Kayabi und Munduruku, verletzt wurden.

Vor der Errichtung des Staudamms hätten die Indigenen ihre Zustimmung zum Bau geben müssen. Die Betreiber des Wasserkraftwerks und auch nicht die brasilianische Regierung haben dies wohl nicht für notwendig erachtet. Die zweite Instanz hat nun also das Urteil der ersten Instanz voll inhaltlich bestätigt.

In der zweiten Instanz folgte das Gericht nun sogar der Staatsanwältin Eliana Torelly in ihrer Rechtsansicht, dass die Umweltbehörde eine völlig rechtswidrige Baugenehmigung erteilte. Warum? Ganz einfach deshalb, weil das Wasserkraftwerk Tele Pires zu einer Rodung des Regenwalds, einer Verseuchung des Flusswassers und der Reduzierung der Fischarten und -bestände führte. Für den Bau des Staudamms wurden außerdem die Wasserfälle Sete Quedas zerstört. Sete Quedas ist allerdings nicht irgendein Wasserfall, sondern für die indigenen Munduruku ein heiliger Ort.

Ist es nicht schön, dass das Gericht nun auch in der zweiten Instanz den Indigenen Recht gegeben hat? Das Urteil ist zwar bereits rechtskräftig, hat allerdings einen gewaltigen Haken. Es kann nicht vollstreckt werden! Wie ist das möglich? Das liegt am sogenannten Suspensao de seguaranca. Suspsensao de seguaranca ist noch ein Relikt aus der Militärdiktatur aus dem Jahr 1964. Es bedeutet, dass ein verfassungsrechtliches Prinzip von der Regierung außer Kraft gesetzt werden kann, wenn es ein höheres nationales Interesse gibt.

Das ein demokratischer Staat noch immer Rechtskonstrukte aus einer einstigen Militärdiktatur aufrecht erhält, ist allerdings mehr als eigenartig.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen