Mittwoch, 22. Juli 2020

Angela Merkel und "Die sparsamen Vier"

Das längste Verhandlungswochenende in der Geschichte der EU-Gipfel ist vorbei und es kam zu einem bemerkenswerten Ende. Angela Merkel und "Die sparsamen Vier", siegten auf ganzer Linie. Die nationalen Interessen wurden, auf Kosten der EU-Solidarität, rücksichtslos in den Vordergrund gestellt und durchgepeitscht. Die Niederlande, Schweden, Österreich, Dänemark und vor allem Deutschland waren am Ende, der große finanzielle Profiteur dieses denkwürdigen EU-Gipfels.

Beginnen wir damit, dass "Die sparsamen Vier" gar nicht so sparsam sind. Während die Pro-Kopf-Staatsausgaben im EU-Schnitt 100 betragen, sind es bei Dänemark 181, Schweden 156, Österreich 148 und den Niederlanden 134. Bereits im Februar dieses Jahres, als es einen Budget-Streit gab, waren diese vier Länder auf einer Linie und wurden dabei von Finnland unterstützt. Vergessen wir aber nicht, dass sich auch Deutschland auf ihre Seite schlug.

Wie kam es eigentlich zum Begriff "Die sparsamen Vier"? Dies ist ein wunderbarer Schachzug von Sebastian Kurz gewesen. Der österreichische Kanzler durfte in der "Financial Times" einen Gastartikel verfassen, in welchem er die Position der Länder Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden während des EU-Budgetstreits im Februar dieses Jahres erläuterte. Es handelte sich dabei, um eine gelungene PR-Aktion und diese wäre als solche auch sehr leicht zu erkennen gewesen. Trotzdem wurde in den deutschsprachigen Medien, der Begriff "Die sparsamen Vier", immer wieder unkritisch verwendet.
"Die sparsamen Vier" traten beim nunmehrigen EU-Gipfeltreffen als Hardliner gegen das Corona-Hilfspaket zum Wiederaufbau auf. In fast allen Medien wurden sie als Gegner von Angela Merkel dargestellt. Warum eigentlich? Die deutsche Kanzlerin vertrat in Wahrheit ebenso die Position der verschworenen Vier und konnte diese aber nicht so knallhart vertreten, weil sich dieses nicht ziemt, wenn man gerade die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Einst hatte die Rolle des Bösen die Briten eingenommen, jedoch ist nun, seit dem EU-Austritt ein diesbezügliches Vakuum entstanden, welches schnellstens gefüllt gehörte.

Jene Punkte, bei denen beim aktuellen EU-Gipfel am heftigsten diskutiert wurde, waren längst bekannt. Einerseits waren es die 750 Milliarden Euro für den Wiederaufbau und andererseits das Budget für die Jahre 2021 bis 2027. Es gab Länder, welche von der EU Zuschüsse bekommen wollten, ohne dafür irgendwelche Bedingungen erfüllen zu müssen. "Die sparsamen Vier" wollten hingegen keine Zuschüsse gewähren, sondern Kredite geben. Sebastian Kurz meinte dazu, dass Länder, welche einen Kredit zurückzahlen müssen, sich gewiss mehr anstrengen, um ihre Ziele zu erreichen, als wenn ihnen einfach so ein Zuschuss gegeben wird.

Angela Merkel erkannte im Vorfeld des EU-Gipfels, dass Frankreich immer mehr von der Idee des "Eurobonds" begeistert war. Deshalb musste sie schnell umdenken und präsentierte, gemeinsam mit Emmanuel Macron die Idee eines "Wiederaufbau-Planes". Sie konnte sich dessen sicher sein, dass "Die sparsamen Vier" so lange feilschen werden, bis am Ende ein Verhandlungsergebnis steht, welches zur vollsten Zufriedenheit von Angela Merkel und nicht des französischen Staatschefs endet. 

Was blieb von den 750 Milliarden Euro?

Aus jenen 750 Milliarden Euro, welche einst von der EU-Kommission vorgeschlagen wurden, um damit Zuschüsse zum Wiederaufbau zu gewähren, sind lediglich 390 Milliarden Euro geworden. Besonders hohe Summen sind im Gesundheitsbereich und beim Klimaschutz gestrichen worden. Diese Zuschüsse müssen nicht direkt zurückgezahlt werden. Was heißt das? Das heißt, dass sie ja über Schulden der EU finanziert werden, welche später wiederum über die normalen Beiträge der Mitgliedsländer zurückgezahlt werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass diese also auch von jenen Ländern bezahlt werden, welche diese Zuschüsse bekommen werden.
 

Die Zugeständnisse, welche die EU an "Die sparsamen Vier" getätigt haben sind enorm. Gemeinsam mit Deutschland haben sie eine Rabattregelung bei den EU-Beiträgen erhalten. Für das EU-Haushaltsbudget 2021 - 2027 bedeutet dies, dass Dänemark jährlich um 322 Millionen Euro, Österreich um 565 Millionen Euro, Schweden um 1.069 Millionen Euro, die Niederlande um 1.921 Millionen Euro und Deutschland um 3.671 Millionen Euro weniger bezahlen muss, als es eigentlich vor dem EU-Gipfel vereinbart war. Diese Finanzlücke muss nun von allen anderen EU-Mitgliedsstaaten geschlossen werden.

Ich halte fest, dass jene Länder, welche bisher noch relativ wenig in Mitleidenschaft gezogen wurden, am meisten profitieren und jene Länder, welche durch die Corona-Maßnahmen verdammt hart getroffen wurden und ich denke dabei vor allem an Italien und Spanien, in Zukunft noch mehr bezahlen dürfen. So lange nur die nationalen Interessen im Vordergrund stehen, hat die EU keine Zukunft.




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