In der Amazonas-Region lebende,
indigene Organisationen haben sich verbündet und darauf hingewiesen,
dass viele Gemeinschaften ihre Lebensgrundlage durch die zahlreichen
Brände verloren haben. Sie haben einen offenen Brief verfasst worin
steht, dass „ausgehend von unserer ursprünglichen Gesetzgebung,
höherem Recht und Naturgesetz, die Regierungen von Jair Bolsonaro
und Evo Morales „für das physische, ökologische und kulturelle
Verschwinden und den Völkermord, der derzeit im Amazonasgebiet
stattfindet, verantwortlich sind“.
Donnerstag, 5. September 2019
Der Amazonas-Regenwald brennt
Keine
Sorge – in ein paar Tagen ist das Thema medial verschwunden und
kein Mensch interessiert sich mehr für die Lunge der Erde, welche
in Flammen steht. Seit
Beginn des Jahres hat es in Brasilien mehr als 72.000 Brandherde
gegeben. Im Vorjahr waren es insgesamt „nur“ 39.759. Diese Daten
stammen vom brasilianischen Forschungsinstitut INPE. Noch schlimmer
wird es, wenn man die Rodungen im Amazonas-gebiet betrachtet. Im
Vergleich zum Juli 2018, haben sich diese im Juli 2019 vervierfacht.
Seit der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro an der Macht ist,
schreiten die Rodungen zügig voran, weil für den neuen Präsidenten
die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund stehen und er nicht
kapiert, dass wir damit unser eigenes Grab schaufeln. Die Landwirte
und Viehzüchter sind hingegen entzückt und roden so schnell und
viel es geht, um mehr Flächen für den Ackerbau und die Viehzucht zu
bekommen.
Für
Jair Bolsonaro sind in erster Linie die NGOs verdächtig die Brände
gelegt zu haben, damit diese, weil diese stets in akuter Geldnot sind
und durch die großflächigen Brände für ihr Wirken somit eine
Legitimierung hätten und sich auf diese Art und Weise, leichter
Geldgeber beschaffen können. Für
diese abstruse These hat Bolsonaro zwar keinerlei Beweise, aber wie
das nun mal bei Populisten Usus ist, brauchen sie dies auch nicht...
Die
meisten Brände haben Ende Juli im brasilianischen Bundesstaat
Rondonia begonnen und beschränken sich mittlerweile nicht mehr auf
Brände in Brasilien, sondern haben sich auf Bolivien und Paraguay
ausgeweitet. In Bolivien wurden bisher 750.000 Hektar Weideland und
Wald, in Paraguay auch schon 40.000 Hektar Land im Naturschutzgebiet
vernichtet.
Nach dem Amazonas ist mit dem „Chaco“
die zweitgrößte Waldregion Südamerikas von den Bränden betroffen.
Der Chaco erstreckt sich über den Norden von Argentinien, den
westlichen Teil Paraguays und den Südosten von Bolivien und
Brasilien. Die beiden Staaten haben sich darauf geeinigt, gemeinsam
gegen die Brandherde vorzugehen. Die bolivianische Regierung Morales
trägt ebenso eine Mitschuld an den Bränden. Am 9. Juli hatte man
ein Dekret unterzeichnet, welches die „kontrollierte Brandrodung“
zur Gewinnung von Acker- und Weideland in den Amazonas-Provinzen Bení
und Santa Cruz erlaubt. Eine Begründung dafür gab es
selbstverständlich auch. Die Maßnahme würde nämlich den
„gestiegenen internen und externen Nachfrage nach Nahrungsmitteln“
entsprechen. Die Anbauflächen, die landwirtschaftliche Produktion
und die Viehzucht müssten daher erweitert werden...
Dieses kurzfristige Denken einiger
Politiker ist erschreckend. Wer die Menschheit zerstören will, muss
nur das Amazonas-Becken in ein Ungleichgewicht bringen.
Was bringt uns der
Amazonas-Regenwald schon?
Er trägt zur Stabilisierung des
Weltklimas bei und verfügt über die größte Artenvielfalt der
Erde. Sämtliche tropischen Wälder (und der
Amazonas hat dabei einen enormen Anteil) speichern zwischen 90 und
140 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Abgeholzte Wälder sind dagegen
die größte Quelle für Treibhausemissionen. Wer für die Gewinnung
von Land und die landwirtschaftliche Nutzung den Regenwald abholzt,
setzt Treibhausgase in die Atmosphäre frei und destabilisiert das
Klima – ist so und lässt sich nicht leugnen. Der
Amazonas-Regenwald macht übrigens zehn Prozent der gesamten Biomasse
des Planeten aus.
Das Korallenriff, welches sich vor der
Mündung des Amazonas in den Atlantik befindet, ist die Heimat für
die von der globalen Erderwärmung bedrohten Korallen. Laut dem Biologen Carlos Eduardo Leite
Ferreira von der Federal Fluminense Universität in Rio de Janeiro
könnte dieses Riff dazu beitragen, die geschädigten Gebiete der
Ozeane wieder mit Korallen zu bevölkern. Dummerweise gibt es Pläne der
Ölgesellschaften BP und Total, in der Nähe des Amazonasriffs nach
Öl zu bohren. Dies würde das Ökosystem bedrohen, aber wenn es der
Wirtschaft gut geht, geht’s uns allen gut...
Na gut, dann denken wir nun ein bisserl
wirtschaftlich. In der Amazonas-Region liefern ca. 10.000
Pflanzenarten die wertvollen Wirkstoffe für den medizinischen
Gebrauch oder für die biologische Bekämpfung von Schädlingen. Ein
Beispiel ist, dass laut einer Studie der ABC Universität in Sao
Paulo, die sogenannte „Katzenkralle“, eine im Amazonas
beheimatete Pflanze, nicht nur zur Behandlung von Arthritis und
Arthrose verwendet wird, sondern auch die Müdigkeit reduziert und
sogar in der Lage ist, die Lebensqualität von Patienten im
fortgeschrittenen Krebsstadium zu verbessern.
Bleiben
wir beim Thema Wirtschaft. Das EU-Mercosur-Handelsabkommen darf nicht
ratefiziert werden, weil die Liberalisierung der Märkte keinen
höheren Stellenwert als Menschenrechte und Umweltschutz haben
dürfen. Es darf nur dann unterzeichnet werden, wenn
Menschen-rechtsverletzungen sowie Verstöße gegen die Umwelt- und
den Klimaschutz strafbar und zu exekutieren sind. Irland und
Frankreich haben beispielsweise damit gedroht, dass Abkommen nicht
ratefizieren werden, wenn die brasilianische Regierung „keine
energischen Schritte setzt“, um gegen die Brände vorzugehen.
Frankreich und Irland – von Österreich habe ich leider bisher noch
nichts gelesen oder gehört...
Frankreichs
Präsident Emanuel Macron hat die Bedeutung des Amazonas für die
internationale Gemeinschaft, in Bezug auf Biodiversität, die globale
Sauerstoffversorgung und den Kampf gegen die globale Erwärmung
betont und verkündet, dass mit der Wiederaufforstung umgehend
beginnen müsse. Vor
allem auch auf Betreiben von Macron hat der G7-Gipfel eine
Soforthilfe von achtzehn Millionen Euro in Aussicht gestellt. Das ist
zwar eine lächerliche Summe, aber immerhin ein Beginn.
Unverständlich ist allerdings die Reaktion von Jair Bolsonaro
gewesen, welcher dieses Angebot entrüstet ablehnte. Mit dem
angebotenen Geld sollten vor allem die Löschflugzeuge finanziert
werden.
Bolsonaro
forderte Macron auf seine Probleme „zu Hause“ und „in den
Kolonien“ zu lösen. Er warf dem französischen Präsidenten eine
kolonialistische Mentalität vor und würde die Brände im Amazonas
für seine eigenen Zwecke instrumentalisieren. Bolsonaro brachte es
allerdings zustande, die Ehefrau von Macron, sexistisch zu
attackieren.
Wenn
man sonst nix kann...
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