Freitag, 19. Februar 2016

Der Buchstabier Wettbewerb

Die Bildungsoffensive unserer Regierung startet mit einer spektakulären Idee.

Es wurde ein Buchstabier Wettbewerb ins Leben gerufen welcher in einigen ausgewählten Schulen startet, um – wenn erfolgreich – später in ganz Österreich stattzufinden.

Zuerst muss aber mit Hilfe von Psychologen herausgefunden werden, ob die Kinder bei so einer Veranstaltung eh nicht einem zu hohen Stress ausgesetzt sind und ob gute Leistungen der Besten nicht den Schwächsten enormen psychischen Schaden zufügen. Vorab war sogar davon die Rede, dass gute Schüler auf den Wettbewerb und mögliche Trophäen verzichten sollen, um den schwachen Schülern ein Erfolgserlebnis zu ermöglichen.
 
Nachdem bei einem ersten Probelauf in einer Volksschule in Wien Favoriten nur sehr wenige Kandidaten erfolgreich ein Wort buchstabieren konnten, aber niemand mehr als zwei, entschloss man sich dann doch wieder auf diese Maßnahme zu verzichten.

Wir schalten nun live in eine Volksschule in Wien Fünfhaus und lauschen dem Buchstabier Wettbewerb.

Der Festsaal ist schon geschmückt und etwa 200 begeisterte Familien Angehörige sind bei diesem Event dabei um ihre Kinder mental zu unterstützen.


Lehrer:
Mustapha wie buchstabiert man Zug?

Mustapha:
Z-U-G

Lehrer:
Ja super! Bravo! Du bist eine Runde weiter.
Felix. Buchstabiere mir bitte Administration.

Felix:
A-D-M-I-N-I-S-T-R-A-Z-I-O-N

Lehrer:
Leider falsch Felix. Du musst noch viel üben. Aber beim nächsten Mal schaffst Du bestimmt die nächste Runde. So jetzt zu Dir Achmed. Buchstabiere mir bitte das Wort Ei.

Achmed:
E-I

Lehrer:
Ja super Achmed! Ganz toll! Auch Du bist eine Runde weiter! Hallo Eva! Du bist jetzt dran. Für Dich habe ich mir ein besonders schönes Wort ausgesucht. Es heißt Animationsprogramm.

Eva:
A-N-I-M-A-T-I-O-N-S-P-R-O-G-R-A-M

Lehrer:
Das war jetzt leider gar nix. Das tut mir jetzt echt voll weh, aber das kann ich Dir so natürlich nicht durchgehen lassen. Schade. Aber lass Deinen Kopf nicht hängen. Du wirst das schon noch lernen. Nimm Dir einfach ein Beispiel an Achmed. Du wirst bestimmt auch bald so weit sein wie er. So jetzt geht’s weiter mit dem Mehmet. Mehmet bist Du nervös?

Mehmet:
Na

Lehrer:
Bist Du gut vorbereitet?

Mehmet:
Sicher

Lehrer:
Für Dich habe ich jetzt ein sehr schönes aber auch sehr schwieriges Wort. Es heißt Mond.

Mehmet:
Is leicht: M-O-N-T

Lehrer:
Das ist leider falsch. Da gehört nämlich ein D am Schluss und kein T.

Mehmet:
Ich haben gesagt. Ich schwöre! Beim Leben meiner Mutter! Ich schwöre!

Lehrer:
Ach so. Na dann habe ich mich bestimmt nur verhört. Also Glückwunsch, dass auch Du dieses voll schwierige Wort so souverän gemeistert hast. Bravo! Jetzt kommt noch die Sabine dran. Sabine geht’s Dir gut?

Sabine:
Ja

Lehrer:
Ich frage das deshalb weil Du ja sonst immer so leicht und schnell nervös wirst und heute sind ja nicht nur Deine Klassenkollegen da, sondern alle Schüler dieser Schule und viele Eltern auch. Aber Du musst jetzt gar nicht nervös werden weil Du bist jetzt der Mittelpunkt und alle schauen auf Dich. Tu einfach so als ob die vielen lieben Menschen gar nicht da wären. Kann es losgehen?

Sabine:
Ja ich glaube schon.

Lehrer:
Gut Sabine. Mein Gott Sie zittert ja bereits schon die Kleine. Also ich spanne Dich jetzt gar nicht mehr lange auf die Folter sondern lege gleich los. Ist Dir das Recht Sabine?

Sabine:
Ja

Lehrer:
Ein bisserl lauter Sabine damit wir Dich alle hören können.

Sabine:
Ist gut.

Lehrer:
Sabine. Wie buchstabiert man Bruttosozialprodukt?

Sabine:
B-R-U-T-T-O-S-O-Z-I-A-L-P-R-O-D-U-K-T

Lehrer:
Ähm. Das ist zwar richtig, kann ich aber leider nicht gelten lassen weil es aus dem Publikum kam.

Sabine:
Nein

Lehrer:
Aber bestimmt Sabine. Ich habe es ja ganz deutlich gehört. Aber das macht gar nix. Du bekommst von mir ganz einfach noch eine zweite Chance. Wenn Du dann die Aufgabe richtig gelöst hast, dann bist Du eine Runde weiter. Also pass auf. Das Wort heißt Bewusstseinskampagne.

Sabine:
B-E-W-U-S-S-T-S-E-I-N-S-K-A-M-P-A-G-N-E

Lehrer:
Leider falsch.

Sabine:
Aber warum?

Lehrer:
Du hast ein B statt ein P gesagt. Es tut mir sehr leid.

Sabine:
Aber das stimmt doch gar nicht!

Lehrer:
Natürlich nicht. Das B ist falsch. Ganz klar.

Sabine:
Aber ich habe P und nicht B gesagt.

Lehrer:
Bitte diskutiere mit mir nicht herum, sondern arbeite an Deiner Aussprache wenn das wahr sein sollte. Ich denke aber viel eher, dass Du ein schlechter Verlierer bist. Du solltest Dich wirklich schämen.

Ein paar Runden später findet das Finale zwischen Mehmet und Mustapha statt. Der kleine Mustapha gewinnt schließlich den Wettbewerb mit den Wörtern Zug, Tor, vor, und.

Tags darauf präsentieren die Medien den kleinen Mustapha als Paradebeispiel für eine gelungene Integration. Damit die Leistung noch herausragender erscheint werden ausschließlich mit jenen Kindern, welche bereits in der ersten Runde ausgeschieden sind, Interviews geführt...

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