Mittwoch, 13. Mai 2020

Der Coronavirus in Ecuador und Brasilien, sowie die Hilfsaktion der mexikanischen Drogenkartelle

In Südamerika hat der Coronavirus wohl kein Land mit einer größeren Härte erwischt, als Ecuador. Die Hafenstadt Guayaquil, welche drei Millionen Einwohner hat und die größte Stadt des Landes und gleichzeitig auch das Wirtschaftszentrum ist, steht faktisch still. Der Coronavirus-Erreger ist, wie in den meisten Ländern Lateinamerikas, durch europäische Touristen eingeschleppt worden. Die erste Patientin Ecuadors war eine Seniorin, welche am 14. Februar aus Spanien zurückkehrte. Zu Beginn zeigte sie keinerlei Krankheits-symptome und deshalb wurde sie auch erst zwei Wochen später auf den Virus getestet. Das Ergebnis war positiv und die Verbreitung des Virus hatte also bereits seinen Lauf genommen.
 
Wirtschaftlich ist Ecuador bereits durch den Preisverfall beim Erdöl stark in Bedrängnis geraten und in akuter Not. Die vom Virus besonders stark betroffene Küstenregion wurde vom Virus in der Ferienzeit erwischt. Die Menschen verbrachten zuvor ihren Urlaub in den USA oder in Europa. Die Ausgangsbeschräkungen sind in Ecuador weit härter als in Österreich. Jeder muss um 14.00h zu Hause sein. Was auf diese Nachricht folgte, war der Supergau. Die Menschen stürmten die Supermärkte und das Einhalten von Abstandsregeln war dabei lediglich ein Wunschdenken. Ausgenommen von der Ausgangssperre sind die systemrelevanten Berufsgruppen. Die Bestatter gehören hier nicht dazu. Dies führte zu den verstörenden Aufnahmen, welche zeigen, dass die daheim Verstorbenen, von ihren Familienangehörigen, auf der Straße abgelegt wurden. Es wurden Notfriedhöfe errichtet, um die Leichen in Särgen aus Pappe zu begraben.

Ein weiteres Problem ist, dass das Gesundheitssystem in den letzten Jahren kaputt gespart wurde. Das rächt sich in der jetzigen Situation. Es gibt viele zu wenige Tests und somit ist die Dunkelziffer der Pandemie sehr hoch. Folgendes Beispiel hat die Zeitung „El Universo“ über die derzeitige Lage veranschaulicht. In der Provinz Guayas sterben monatlich ca. 2.000 Menschen. Vom 1. Jänner bis zum 15. März sind allerdings nicht ca. 5.000 Menschen gestorben, sondern 14.561. Es ist naheliegend, dass ein Großteil von ihnen am Coronavirus gestorben ist. Die New York Times hat mit einer eigens angefertigten Analyse der Sterbedaten ebenso eine Berechnung der bisherigen, möglichen Coronavirus-Opfer errechnet. Sie geht davon aus, dass in Ecuador bisher 15-mal mehr Menschen daran gestorben sind, als von der offiziellen Stellen verkündet.

In der offiziellen Statistik Ecuadors vom 7. Mai um 8.00h wird festgehalten, dass es bisher 29.420 infizierte Personen und 1.612 Todesopfer gibt. Präsident Lenin Moreno gab zwar zu, dass bisher nur unzureichend getestet wurde, hat sich allerdings bisher gewehrt, den vollen Umfang der Krise einzugestehen.

Für Geld kann man auch in Ecuador fast alles bekommen. Es ist beispielsweise möglich einen Test selbst zu bezahlen. Dieser kostet 300 US-Dollar. In Ecuador verdient man im Monat durchschnittlich 400 US-Dollar und somit ist dies für die meisten Personen unerschwinglich. Bisher gab es in ganz Ecuador 57.000 Tests, wobei es 22.000 positive Fälle gab. Ausreichende Tests finden laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erst dann statt, wenn höchstens 10 % der getesteten Personen positiv getestet wurden. Von einer derartigen Quote ist Ecuador weit entfernt. Für die WHO steht fest, dass in Ecuador bisher lediglich Kranke mit besonders starken Symptomen getestet wurden.
Dies lässt darauf schließen, dass die Anzahl der Infizierten noch weit höher ist.

Ecuador braucht dringend finanzielle Unterstützung und hat in der vergangenen Woche, deshalb auch vom IWF einen Notkredit in der Höhe von 643 Millionen US-Dollar zugesprochen bekommen.

Auf der ganzen Welt haben sich bisher 4.060.000 Menschen mit dem Virus infiziert und ca. 280.000 von ihnen sind daran gestorben.

Einige Länder als Beispiel – folgende Daten stammen vom 10. Mai

USA 1.350.000 Infizierte und 80.000 Tote, Spanien 224.000 Infizierte und 26.000 Tote, 
Italien 218.000 Infizierte und 30.000 Tote, Frankreich 138.000 Infizierte und 26.000 Tote, 
Indien 63.000 Infizierte und 2.100 Tote (überraschend wenig für 1,3 Milliarden Einwohnern),
Schweiz 30.000 Infizierte und 1.500 Tote, Schweden 26.000 Infizierte und 3.200 Tote,
Polen 15.800 Infizierte und 618 Tote, Österreich 15.700 Infizierte und 618 Tote (richtig es sind fast dieselben Zahlen wie in Polen – Polen hat aber 38 Millionen Einwohner)

Der Coronavirus und Brasilien

Die Zahl der Corona-Toten in Brasilien steigt indes rasant. 157.000 Infizierte und mehr als 10.000 Tote sind der Stand vom 10. Mai. Präsident Jair Bolsonaro wurde zu den hohen und stark steigenden Zahlen von Journalisten befragt welche darauf ein harsches: „Na und? Was soll ich machen?" ernteten. Die brasilianische Bevölkerung ist über seine Kaltblütigkeit entsetzt und Kritiker werfen ihm bereits vor, dass er einen Genozid der armen Bevölkerung des Landes in Kauf nimmt.

Zur Erinnerung

Als am 26. Februar der erste Fall von Covid-19 in Brasilien bestätigt wurde, verharmloste der Präsident die Krankheit als „kleine Grippe“. Es gab regionale Quarantänen, doch der Präsident ermunterte die Menschen weiterhin zur Arbeit zu gehen, damit es keine wirtschaftlichen Einbußen gäbe. Jene Gouverneure und Bürgermeister, welche sich einst für Schutz- und Quarantänemaßnahmen aussprachen und die Bevölkerung aufforderten zu Hause zu bleiben und letztendlich vom Präsidenten overruled wurden, sind nunmehr von Jair Bolsonaro beschuldigt worden, Schuld daran zu sein, dass es immer mehr Coronavirus-Opfer gibt. Wie das zusammenpasst, kann kein Mensch verstehen.

Der Gouverneur des Bundesstaates Sao Paulo, Joao Doria, rechnete daraufhin in einer Rede am 29. April, mit dem amtierenden Präsidenten ab. Er forderte ihn auf aus seiner Blase herauszukommen und seine kleine Welt aus Hass zu verlassen und lieber jene Krankenhäuser zu besuchen, welche sich am Rande des Kollapses befinden und weiters sprach er: „Stoppen Sie diese perverse Politik und hören Sie auf, die zu stören, die dafür kämpfen, Leben zu retten!“ Der konservative Politiker Joao Doria gilt übrigens als möglicher Präsidentschaftskandidat für das Jahr 2022.

Papst Franziskus hat am Samstag mit dem Erzbischof von Sao Paulo, Kardinal Odilo Scherer, telefoniert und sich bei ihm über die Lage, vor allem der ärmsten Brasilianer*innen erkundigt. Die Zahl der Opfer beträgt im Bundesstaat Sao Paulo derzeit 3.200. Der Notstand wurde in dieser Region zwar bis zum 31. Mai verlängert, aber nicht einmal jeder zweite Bürger hält sich an die Empfehlung zur sozialen Isolation. Kein Wunder, wenn auch der brasilianische Präsident die Gefahr durch den Coronavirus so lange heruntergespielt hat.

Brasilien hat 209 Millionen Einwohner und wenn man sich die Aussichten auf den Gesundheitsschutz ansieht, dann ist die zukünftige Prognose für die Bevölkerung besorgniserregend. Die Wissenschaftler stellen in Brasilien die weltweit höchste Ansteckungsquote fest. Sie beträgt 2,8.

Während das Gesundheitssystem des Landes also keinen Grund für positive Nachricht liefert, hat es auch am Internationalen Tag der Pressefreiheit keine positiven Schlagzeilen aus Brasilien gegeben. Am Rande einer Demonstration von Anhängern des Präsidenten Jair Bolsonaro in der Hauptstadt Brasil, ist es zu gewalttätigen Übergriffen auf Journalisten gekommen. Der Fotograf Dida Sampaio von der Zeitung Estadão und der Fahrer des Teams, Marcos Pereira, wurden als erste angegriffen. Danach versuchte der Reporter der Tageszeitung Folha de São Paulo die beiden zu verteidigen und musste selbst Schläge einstecken. Nivaldo Carboni, Journalist von Poder 360, wurde ebenso attackiert. Den Prügelopfern geht es mittlerweile wieder gut. Die Oppositionspolitiker verurteilen die Angriffe auf die Journalisten und sehen eine Schuld daran, an der aggressiven Rede, welche Präsident Bolsonaro bei der Demonstration vom Stapel gelassen hat.

Drogenkartelle wegen Corona-Hilfe scharf verurteilt

Die mexikanischen Drogenkartelle haben sich von Präsident Andrés Manuel López Obrader harsche Kritik anhören müssen, weil diese die Bevölkerung in der Corona-Krise unterstützen. Sie haben die Hilfsleistungen an die Bevölkerung gefälligst zu unterlassen.

Was ist geschehen?

Die Drogenkartelle verteilen in der Zeit der Corona-Pandemie Hilfspakete, welche z. B. Reis, Nudeln, Öl und Hygieneartikel beinhalten. In den sozialen Netzwerken tauchen immer mehr dieser Fotos und Videos auf, wo zu sehen ist, wie Mitglieder von Drogenkartellen, die Hilfspakete an die Bevölkerung verteilen. Auf den Kartons sind jeweils deutlich sichtbar, die Logos und Schriftzüge der Kartelle zu sehen. Die Videoaufnahmen zeigen u.a. auch die Tochter des in den USA inhaftierten Kartellchef „El Chapo“ Guzman. Joaquin Guzman Loera gibt über die finanzielle Herkunft ihrer diesbezüglichen Mittel bereitwillig Auskunft. Diese würden aus den Gewinnen der Verkäufe von Kleidung der Marke „el chapo 701“ stammen. Die Geldquellen wären also legal. Zu jenen Kartellen, welche derzeit die meisten Hilfspakete verteilen zählen: Das Sinaloa-Kartell, das Kartell Jalisco Nueva Generación und das Golfkartell.

Kritiker werfen den Kartellen vor, dass es ihnen bei diesen Aktionen darum geht, Profit aus der Not der Mexikaner*innen ziehen zu wollen. Es gehe ihnen lediglich darum ihre Macht zu demonstrieren und Sympathiepunkte bei der lokalen Bevölkerung zu gewinnen.

Die Hilfsbereitschaft der Drogenkartelle darf nicht über ihr sonstiges Auftreten hinwegtäuschen. Alleine im März dieses Jahres sind in Mexiko 2.505 Morde geschehen, welche auf das Konto der organisierten Kriminalität gehen.




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