Sehr oft hat man den Eindruck, dass die
armen Europäer von den Amerikanern über den Tisch gezogen werden
und in Wahrheit gar nicht geheim verhandeln wollen. Das Gegenteil ist
der Fall. Die Europäer sind darüber sehr glücklich. Die
europäischen Verhandler stellen an die U.S.A. teilweise brutale und
weitreichende Forderungen. Diese sind selbstverständlich zum Vorteil
der eigenen Industrie.
Beispiele:
Europa will einen freien Zugang für
seinen Banken und Versicherungen. Das wäre für die U.S.A. fatal.
Nach der Lehman-Pleite im Jahr 2008 sind gerade die Finanzprodukte
streng reguliert worden. In Europa wären derartige Gesetze nicht
möglich. Wenn nur ein Bruchteil davon verwirklicht werden sollte,
scheitern wir am Widerstand der Banken, Versicherungen und
letztendlich an deren enormen Einfluss auf die Großparteien.
Europas Auto- und Maschinenbauindustrie
setzt sich massiv dafür ein die U.S. Standards zu senken. Eleganter
ist es dann natürlich die Zertifizierungen zu umgehen. VW wollte ja
z. B. die hohen amerikanischen Diesel Standards austricksen. Wenn
Europa sich diesbezüglich in den TTIP Verhandlungen durchsetzt,
dann werden sämtliche Zertifikate komplett ausgehebelt.
Europa will logischerweise das billige
Öl der U.S.A.. Das es sich dabei um eine schmutzige Energie handelt,
ist egal. Es ist halt ärgerlich, dass die U.S.A. ein gesetzliches
Öl-Exportverbot haben, gleichzeitig aber durch das Fracking ein
Überangebot an Erdöl und Erdgas besitzen. Aus ökologischer Sicht
wird ein vermehrtes Handelsvolumen zwischen Europa und den U.S.A.
sowieso der blanke Wahnsinn. Schließlich müssten weitaus mehr
Öltanker eingesetzt werden. In Paris wird passenderweise gerade über
den Klimaschutz verhandelt...
Viele der europäischen Forderungen
wären bei uns in Europa nicht mehrheitsfähig! Aber keine Sorge –
während wir in Europa alles auf die Amis schieben, gibt die
US-Regierung den schwarzen Peter an die verrückten, bürokratischen
Europäer weiter...
Für Europa verhandelt übrigens der
Kommissionsbeamte Ignacio Bercero mit einem Team. Die politisch
Verantwortliche ist die Kommissarin Cecilia Malmström. Die
Kommission verhandelt im Auftrag von 28 Regierungen (Michael
Spindelegger hat einst für Österreich unterschrieben). Jeder noch
so kleine Verhandlungsschritt muss mit den Regierungen abgestimmt
werden. In Österreich werden Reinhold Mitterlehner und sein
Ministerium über jeden Beistrich informiert. Sie sind in die
innereuropäischen Verhandlungen aktiv eingebunden. Also zuerst
müssen sich die Europäer intern einigen, erst dann wird durch
Bercero/Malmström mit den Amerikanern weiterverhandelt.
Das EU-Parlament ist NICHT involviert.
Das EU-Parlament hat eigentlich die Kontrollaufgabe. Das wird aber
von den Regierungen und der Kommission nicht gewünscht und deshalb
will man das EU-Parlament von diesen Unterredungen und Ergebnissen
fernhalten...
Letztendlich benötigt das Abkommen
allerdings im Europaparlament eine Mehrheit. Dies immer wieder
anzusprechen ist das einzige Druckmittel des EU-Parlaments. Faktum
ist, dass die Sozialdemokraten, die Konservativen und die Liberalen
TTIP unbedingt wollen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen