Weltweit sind sich die Wissenschaftler darüber einig, dass der Coronavirus SARS-COV-2, bereits Jahrzehnte vor der Coronavirus-Pandemie, in den Fledermäusen entstanden ist. Die Tiere sind allerdings durch Millionen von Jahren der Koevolution an die Viren angepasst und können die Infektionen mit den Coronaviren oder/und ähnlichen Erregern tolerieren, ohne selbst daran zu erkranken. Die Fledermäuse sind allerdings ein hervorragender Reservoirwirt und Überträger für potenziell humanpathogene Viren. Weltweit, so schätzen die Forscher, tragen die Fledermäuse, etwa 3.000 verschiedene Coronaviren in sich. Durchschnittlich beherbergt eine Fledermaus 2,7 Viren-Arten. Die logische Schlussfolgerung ist, dass je mehr Spezien von Fledermäusen innerhalb einer Region leben, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit für die Vielfalt an potenziell zoonotischen Viren.
Robert Beyer von der University of Cambridge und seine Kolleg*innen erklären dies folgendermaßen: „Jede Zunahme der lokalen Fledermaus-Artenvielfalt kann daher das Risiko erhöhen, dass ein Coronavirus mit potenziell für den Menschen schädlichen Eigenschaften präsent ist, übertragen wird oder sich in der Region entwickelt“. Die Forscher erklären außerdem, dass es zahlreiche Faktoren gibt, welche die Fledermaus-Vielfalt in einer Region und das Risiko eines Kontakts neuer Viren zum Menschen und die damit verbundene Gefahr eines Artensprungs dieser Erreger erhöhen. Zu diesen Faktoren gehören der Klimawandel und die veränderte Landnutzung. Die Veränderung kann dazu führen, dass sich die Vegetation oder ehemals ungeeignete Lebensräume so verändern, dass sich neue Fledermaus-Arten ansiedeln können.
Robert Beyer und seine Kolleg*innen haben deshalb die globale Klima- und Vegetationsdaten aus der Zeit von 1901 bis 2019 ausgewertet. Anschließend ermittelten sie auf Basis der Daten der Internationalen Naturschutzunion die heutige Verbreitung aller bekannten Fledermaus-Arten und aufgrund der ökologischen Ansprüche dieser Arten an Habitat und Klima, rekonstruierten die Forscher*innen letztendlich, deren weltweites Vorkommen von vor 100 Jahren.
Das Ergebnis
Durch die Veränderung der Vegetation und des Klimas, haben sich einige Regionen stark verändert und diese neuen Bedingungen haben sich für die Fledermäuse als hervorragendes Umfeld für ihren neuen Lebensraum herauskristallisiert. Beispiele dafür sind dort zu finden, wo sich tropisches Buschland in eine tropische Savanne und einem Laubwald verwandelt hat. Dazu zählen Teile Zentralafrikas, einige Bereiche von Mittel- und Südamerika, aber vor allem ein enorm großes Areal rund um die südchinesische Provinz Yunnan und die angrenzenden Gebiete von Laos und Myanmar.
Dies bedeutet wiederum, dass jene Provinz, welche als sehr wahrscheinlicher Ursprungsort für SARS-COV-2 und seinem Vorgänger SARS gilt, erst durch den Klimawandel zum Hotspot der Fledermäuse und der Fledermaus-Viren wurde. Ganz konkret haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass es in der Provinz Yunnan, heute um ca. 40 Fledermaus-Arten mehr gibt, als vor 100 Jahren. Die Anzahl der dort vorkommenden Fledermaus-Coronaviren-Varianten, hat sogar um rund 100 zugenommen.
Wie meint dazu Herr Bayer? „Als der Klimawandel die Habitate veränderte, verließen die Fledermausarten einige Gebiete und eroberten neue – und nahmen dabei ihre Viren mit“, erklärt Beyer. „Das hat nicht nur das Vorkommen dieser Viren verändert, sondern auch neue Interaktionen zwischen Viren und Mensch ermöglicht. Das wiederum führt dazu, dass mehr krankmachende Viren sich entwickeln und übertragen werden.“
Der Klimawandel ist nicht der einzige Faktor, welcher Schuld ist, dass es neue Lebensräume für die Fledermäuse und ihre Coronaviren gibt. Das Klima ist allerdings, so auch die Sichtweise der Forscher*innen, ein sehr wesentlicher Treiber für diesen Trend. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist er der Grund, dass sich die viralen Vorläufer von SARS-COV-2, in Südchina so gut entwickeln und letztendlich auch etablieren konnten.
Robert Beyer und seine Kolleg*innen empfehlen, wie schon zahlreiche andere Forschungsgruppen davor, dass man diese Hotspots der Zoonosen, ab sofort und in der Zukunft, sehr genau überwachen muss. Neue Kontakte zwischen Mensch und Tier sind zwar nicht gänzlich zu vermeiden, sollten aber durch strenge Naturschutzvorgaben, Jagdbeschränkungen und andere Regelungen, auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
Ein entscheidender Ansatz wäre es, wenn man sich den Klimaschutz zum Ziel nimmt. Wenn man weiß, dass der Klimawandel die Übertragung von Wildtier-Viren auf den Menschen beschleunigt, dann sollte dieses der notwendige Weckruf sein, um die weltweiten Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Das ist nicht nur meine bescheidene Meinung, sondern vor allem von Koautor Camilo Mora von der University of Hawaii in Manoa.
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