Einige der Leser*innen werden vermutlich gar nicht wissen, wer Thomas Sankara war. Zahlreiche Menschen nannten ihn einst – den afrikanischen Che Guevara. Thomas Sankara war einst Präsident von Burkina Faso und wurde 1987 ermordet. Erst jetzt, 34 Jahre später, hat am 11. Oktober 2021, der historische Prozess begonnen. Mariam Sankara (die Witwe) sprach zum Prozessauftakt: „Es ist ein Tag der Wahrheit für mich, meine Familie und alle in Burkina Faso."
Thomas Sankara sprach sich gegen die Rückzahlung der Schulden der Entwicklungsländer an die westlichen Geldgeber aus. Eines seiner Hauptanliegen war es, die Korruption zu bekämpfen. Er selbst kam einst durch einen Putsch an die Macht und war selbst Militär. Den Namen seines Landes änderte er von Obervolta in Burkina Faso. Furkina Faso bedeutet so viel wie „das Land der Aufrichtigen“.
Nach der Ermordung von Thomas Sankara, kam Blaise Compaoré an die Macht und wurde für die nächsten 27 Jahre der Präsident von Burkina Faso. Er selbst wurde 2014 gestürzt und befindet sich seither im Exil in der Elfenbeinküste. Blaise Compaoré sah sich immer wieder den Anschuldigungen ausgesetzt, dass er hinter der Ermordung seines einstigen Weggefährten stand. Beim Prozessauftakt war er- welch eine Überraschung – nicht anwesend. Es ist allerdings auch bezeichnend, dass es unter der 27-jährigen Amtszeit von Blaise Campaoré verboten war über die Ermordung von Thomas Sankara zu sprechen. Das juristische Verfahren, welches zur Aufklärung der Ermordung führen soll, wurde erst nach der Amtszeit von Blaise Campaoré eingeleitet.
Beim Prozessbeginn waren immerhin zwölf der vierzehn Angeklagten vor Gericht anwesend. Darunter befanden sich übrigens auch Mitglieder der ehemaligen Präsidentengarde.
Egal wie der Prozess endet, Fakt ist jedenfalls, dass Thomas Sankara in seiner Heimat immer noch verehrt wird. Für die Menschen war und ist er der stets liebenswert lächelnde junge Präsident in seiner schneidigen Uniform. An seinem Gürtel befand sich übrigens eine Pistole mit einem Griff aus Perlmutt. Es handelte sich dabei, um ein Geschenk des damaligen nordkoreanischen Machthabers Kim Il-Sung. Thomas Sankara lebte in einem baufälligen Präsidentenpalast und fuhr einen gebrauchten Renault 5. Blöd war für seiner Minister, dass diese ebenfalls auf ihre Luxuskarossen verzichten mussten.
Zu den Zielen von Thomas Sankara gehörte die Verkleinerung des öffentlichen Dienstes, eine Verbesserung des Gesundheitssystems, die Bildung, die Förderung von Frauen, die Erschließung des ländlichen Raums und eine Politik, welche die Bauern unterstützt.
Vieles davon klingt lieb und nett – aber war es das auch in der Realität so? Ein Slogan lautete: „Wir müssen die Mentalitäten de-kolonisieren“. Es ist allerdings eine Tatsache, dass Thomas Sankara bei der Umsetzung hart durchgriff. Seine Bevölkerung hat er vom Komitee zur Verteidigung der Revolution (CDR) überwachen und vom Volksgericht der Revolution (TPR) bestrafen lassen. Die Unterdrückung von Gewerkschaften und einer politischen Opposition war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Wenn Lehrer*innen streikten, dann ließ er diese entlassen, um solcherart den Streik zu stoppen. Das sind Dinge, welche man bei aller Verklärtheit, niemals aus den Augen verlieren sollte.
Der Prozess zur Ermordung von Thomas Sankara, wurde übrigens gleich am ersten Tag auf den 25. Oktober verschoben. Es sollte damit zwei Strafverteidigern mehr Zeit gewährt werden, um Einblick in die mehr als 20.000 Seiten umfassenden Akte zu bekommen.
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