Donnerstag, 14. Mai 2020
Argentinien – Mercosur und der Schuldenberg
Die Verhandlungen
von Mercosur mit der Europäischen Union sind beendet, aber es fehlt
noch die Ratifizierung durch die einzelnen Mitgliedsstaaten. Wie es
aussieht, würde dieses Mercosur-Bündnis, das letzte für längere
Zeit bleiben. Gespräche mit Kanada, Südkorea, Singapur und dem
Libanon stehen vor dem Aus, weil sich Argentinien aus den laufenden
Verhandlungen zurückzieht. Präsident Alberto Fernández begründet
das Vorgehen damit, dass es in der derzeitigen, wirtschaftlich
prekären Lage verantwortungslos sei weitere Freihandelsabkommen
abzuschließen, welche für die eigene Wirtschaft wohl „tödlich“
wären.
Er würde keinen
Ausstieg aus dem „Gemeinsamen Markt des Südens“ anstreben,
sondern eine zunehmende regionale Kooperation. Dies bedeutet für ihn
und das hat er in einem Telefonat auch seinem uruguayischen
Amtskollegen erklärt, dass er Mercosur, durch die Gewinnung neuer
Mitglieder, größer machen wolle. Es würde die Verhandlungsposition
des Bündnisses verbessern, wenn man nach der Covid-19-Pandemie mit
anderen Wirtschaftsblöcken verhandeln würde. Mercosur sollte auf
ganz Lateinamerika expandieren. Am Ende des Gesprächs sagten die
Präsidenten einander zu, dass sie die Zusammenarbeit der
Nachbarländer im Gesundheitsbereich verstärken werden.
Der Sekretär für
internationale Wirtschaftsbeziehungen, Jorge Neme, dass bei
derartigen Wirtschaftsabkommen der nationale Markt für die Produkte
anderer Länder geöffnet würde, aber deren Märkte für
argentinische Produkte wie z.B. das Rindfleisch geschlossen bleiben.
Derartige Abkommen machen in der derzeitigen Lage, für Argentinien
keinen Sinn. Außenminister Felipe Solá ergänzte, dass man nun mehr
auf die eigenen Unternehmen, die Beschäftigung und die sozial
Schwachen schauen müsse. Ähnliche Worte könnten genauso gut von
einem österreichischen Minister stammen.
Kritik
gab es von Alberto Fernández für seinen Amtsvorgänger Mauricio
Macri und den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Der
Regierung Mauricio Macri warf er vor, dass diese es zugelassen habe,
dass der Sinn des Bündnisses verzerrt werde: „Wenn jeder für sich
verhandeln kann, wofür ist dann der Mercosur?", fragte
Fernández. Er spielte mit dieser Aussage auf jenes Handelsabkommen
an, welches Brasilien mit den USA abgeschlossen hat. Es ermöglichte
den USA ein zollfreies Einfuhrkontingent von 750.000 tonnen Weizen
pro Jahr. Dies steht den Mercosur-Verträgen entgegen und schwächt
zudem das Bündnis, welches lediglich den USA und Brasilien
zugutekommt.
Die Verhandlungen zum
Abbau des argentinischen Schuldenbergs
Der
argentinische Präsident Alberto Fernández lässt nichts unversucht,
um den Schuldenberg seines Landes abzubauen. Ein Vorschlag zur
Restrukturierung der argentinischen Schulden, wurde nunmehr
allerdings von drei ausländischen Investmentfonds zurückgewiesen.
Seit
Mitte April laufen Verhandlung mit dem Ausschuss der privaten
Gläubiger argentinischer Staatsschulden (ACC). Das Ziel ist es die
Zinslast dieser etwa 68 Milliarden US-Dollar großen Schulden von 7,0
auf 2,3 % zu senken und eine rückzahlungsfreie Zeit bis zum Jahre
2023 auszuverhandeln, um der hiesigen Wirtschaft eine Chance zu
geben, bis zu diesem Zeitpunkt zu gesunden.
Die
privaten Gläubiger reagierten auf das argentinische Anliegen mit
Entrüstung: „Der Vorschlag der Regierung zielt darauf ab einen
unverhältnismäßigen Anteil von Argentiniens langfristigen
Verpflichtungen für eine Haushaltskonsolidierung internationalen
Anleihegläubigern aufzubürden.“ Wirtschaftsminister Martin
Guzmán verteidigte die Zeit der zahlungsfreien Jahre damit, dass
dies eine Empfehlung des Internationalen Währungsfonds gewesen sei.
Der
US-Ökonom Jeffrey Sachs wertete den Vorschlag der argentinischen
Regierung als seriös und bezeichnete die Forderungen der Bondholder
als lächerlich und absurd. „In einem finanzpolitischen Umfeld
mit niedrigen Zinsraten – fast 0 % in Deutschland und 1,2 % in den
USA für eine 30-jährige Laufzeit, stünden die nun zu verhandelnden
2,3 % immer noch über den Wert von US-Staatsanleihen. Er hoffe, dass
die Gläubiger klug genug sind, keinen massiven Absturz der
argentinischen Wirtschaft in Kauf zu nehmen. Angesichts der
Corona-Pandemie müsse davon ausgegangen werden, dass in den nächsten
Wochen und Monaten noch zahlreiche andere Länder in
Zahlungsschwierigkeiten geraten.“
In
einer offiziellen Stellungnahme bezeichnete die argentinische
Regierung die Lage nunmehr als verzweifelt. Bis zum 22. Mai kann man
allerdings noch verhandeln. Erst dann läuft eine 30-tägige Frist
für die vorgesehene Rückzahlung einer Rate in der Höhe von 2,1
Milliarden US-Dollar endgültig ab.
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Es ist immer wieder ein Genuss, in deine Artikel einzutauchen!
AntwortenLöschenDeine Reportagen rund um den Globus sind Informativ und ermöglichen mir, mehr von der Weltpolitik und deren Bevölkerung zu erfahren!
Ich wünsche dir, für deine nächste Überflieger Ausgabe viel Erfolg 🦋