Liste Kurz 31,4 %
FPÖ 27,4 %
SPÖ 26,8 %
NEOS 5,0 %
Liste Pilz 4,1 %
Die Grünen 3,3 %
Welche Änderungen sind nach der
Auszählung der etwa 750.000 Briefkarten noch zu erwarten?
Die Gravierendste dürfte sein, dass
die SPÖ noch die FPÖ überholen und sich somit den 2. Platz sichern
wird. Extrem unwahrscheinlich ist es, dass die Grünen doch noch den
Einzug in das Parlament schaffen werden. Sie schneiden bei den
Briefwählern zwar traditionell, überdurchschnittlich gut, aber die
Chance die 4 % Hürde zu überwinden, ist durch den enormen Rückstand
beinahe unmöglich. Außerdem wird diesmal auch die Liste Pilz viel
von diesen Briefwahlstimmen anknabbern.
Was bedeutet dieses Ergebnis für
Österreich?
Nichts ist wichtiger, als auf den
vorderen Listenplätzen der einzelnen Parteien, ausschließlich
Populisten zu haben. Erst dahinter, beispielsweise ab Rang 4, sollte
man die fleißigsten „Arbeiter“ einer Partei reihen. Wir haben
gerade bei diesen Nationalratswahlen erlebt, dass der wichtigste
Grund für die Wähler diesmal die ÖVP, pardon die Liste Kurz die
neue ÖVP, zu wählen, der Spitzenkandidat war. Für ungefähr 40 %
der ÖVP Wähler war es der Hauptgrund diese Partei zu wählen.
Wer die Massen mit einfachen Slogans
begeistern kann, ist der Gewinner. Jemand der noch so akribisch
arbeitet, aber nicht in der Lage ist politische Botschaften in
wenigen Worten zu verkünden, egal ob sie wahr sind oder nicht, hat
in der heutigen Zeit keine Chance bei den Wählerinnen und Wählern.
Ob das jetzt gut oder nicht gut ist, kann man gerne diskutieren, aber
damit wird keine Wahl gewonnen.
Die Liste Kurz, von mir aus halt ÖVP,
hat die Wahlen deshalb gewonnen und auch die SPÖ, welche
voraussichtlich Platz 2 belegt und in den Meinungsumfragen schon weit
abgeschlagen war, hat einzig und alleine durch den kämpferischen
Bundeskanzler Christian Kern und den Wiener Bürgermeister Michael
Häupl, ein achtbares Ergebnis herausgeholt. Die FPÖ setzt
ihrerseits seit Jahrzehnten auf Populisten und schlägt sich damit
von Wahl zu Wahl besser. Herr Strolz von den NEOS mag zwar vielen
sehr hektisch und deshalb als Kasperl erscheinen, aber wer kennt
schon außer ihm noch andere Politiker der NEOS. Die Frau Griss
lassen wir jetzt einmal weg, weil sie ja nicht wirklich zu den NEOS
gehört. Sie hat ihren Namen ja lediglich für den Wahlkampf
hergegeben.
Wir sind bereits bei Platz 5 bei den
aktuellen Nationalratswahlen gelandet, welcher an die Liste Pilz
geht. Hier ist der Erfolg einzig und alleine Peter Pilz persönlich
zuzuschreiben und schon sind wir bei den Grünen gelandet, welche
sich aller Voraussicht nach aus dem Parlament verabschieden müssen.
Die Grünen haben auf den ersten vier Plätzen der Bundesliste:
Ulrike Lunacek, Werner Kogler, Christiane Brunner und Julian Schmid
stehen. Das sind zwar fleißige Arbeiter, allerdings bei weitem keine
populistischen Lichtgestalten, welche es in der heutigen Zeit nun
einmal braucht, um erfolgreich zu sein.
Aus welchen Parteien wird sich die
zukünftige Regierung zusammensetzen?
Eine mehrheitsfähige Regierung könnte
derzeit aus ÖVP/SPÖ, ÖVP/FPÖ und SPÖ/FPÖ bestehen. Eine 2/3
Mehrheit mit „der Chance“ auf eine Verfassungsänderung, vor
allem was die Befugnisse des Bundeskanzlers betrifft, wäre mit einer
3-er Koalition bestehend aus ÖVP/FPÖ/NEOS möglich. Diese
Konstellation ist rein rechnerisch auch mit ÖVP/SPÖ/NEOS möglich,
halte ich allerdings für äußerst unwahrscheinlich.
Sebastian Kurz wird bei seinen
Regierungsverhandlungen konsequent und mit voller Härte agieren. Er
wird mit jener Partei eine Koalition eingehen, welche bereit ist die
Hosen am weitesten herunterzulassen. Die FPÖ fühlt sich zwar
derzeit sehr sicher und wird, wie sich aus den Ausführungen von
Norbert Hofer am Wahlabend ableiten lässt, hohe Anforderungen an die
ÖVP stellen. Ob sich Sebastian Kurz darauf einlässt, wage ich zu
bezweifeln.
Die SPÖ ist vor allem mit sich selbst
beschäftigt und muss zuerst einmal entscheiden, ob es besser ist in
irgendeiner Form in der Regierung zu bleiben oder doch in Opposition
zu gehen. Rein rechnerisch ist zwar eine Koalition mit der FPÖ
möglich, aber wenn man sich die Detailergebnisse der SPÖ ansieht,
erkennt man rasch, dass die Wiener SPÖ Zugewinne hat und die SPÖ im
Burgenland Verluste hinnehmen musste. Die Wiener SPÖ ist ja
entschieden gegen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ und die
Burgenländer ja bekanntlich dafür. Eine Koalition mit der FPÖ wäre
also diametral zum Wählerwunsch des eigenen Klientels.
Was passiert, wenn die SPÖ in keine
Regierung gehen will und die FPÖ mit ihren Forderungen über das
Ziel hinausschießt?
Dann könnte die Situation eintreten,
dass Sebastian Kurz zur Überraschung vieler, Gespräche mit Matthias
Strolz von den NEOS führt und ihm das Amt des Vizekanzlers anbietet.
Wer glaubt, dass dies sehr unwahrscheinlich ist mag zwar damit Recht
haben, aber es ist auch ein Faktum, dass Herr Strolz, der erste
Rhetorik-Trainer von Sebastian Kurz war, als dieser erst fünfzehn
Jahre war. Vergessen wir nicht, dass Sebastian Kurz immer von mehr
Dynamik und einem neuen Stil gesprochen hat. Er hätte mit den NEOS
einen Partner an seiner Seite, welche die ÖVP in den Bereichen
Wirtschaft, Europa aber auch der Migrationspolitik unterstützt.
Gemeinsam würden sie zwar „nur“ eine Minderheitsregierung
bilden, aber dem Parlament könnte auch mehr Verantwortung übertragen
werden. Es gilt als durchaus wahrscheinlich, dass es immer wieder
wechselnde Mehrheiten gibt. Wenn Sebastian Kurz etwas im Sinne der EU
entscheiden will, wird er dabei die Zustimmung der SPÖ bekommen,
geht es in der nächsten Frage um das Thema Sicherheit und Migration,
werden die FPÖ auf seine Seite hüpfen.
Dieses Szenario wäre auf alle Fälle
um vieles besser als jenes, welches eine 3-er Koalition aus
ÖVP/FPÖ/NEOS ergeben würde. Die Möglichkeit mit einer durchaus
wahrscheinlichen 2/3 Mehrheit an der Verfassung „herumzuschrauben“
und die Rechte des Bundeskanzlers auszuweiten, jene des
Bundespräsidenten zu beschneiden oder das Amt ganz aufzulösen, ist
zu gefährlich.
Niemand kann sich ernsthaft wünschen,
dass der österreichische Bundeskanzler in Zukunft in ähnlicher Art
und Weise agieren könnte wie Herr Erdogan in der Türkei, Herr Orban
in Ungarn oder Herr Putin in Russland. Vielleicht lässt Sebastian
Kurz auch das Mehrheitswahlrecht einführen und sichert der ÖVP
damit für die nächsten Jahrzehnte Platz 1 bei den
Nationalratswahlen...
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