Donnerstag, 10. Oktober 2019

Strebt Sebastian Kurz eine Minderheitsregierung an?

Am Sonntag, den 29.September sind 75,1 % der Österreicher*innen zu den Wahlurnen geschritten und haben folgendes Endergebnis bewirkt.

ÖVP 37,5 %
SPÖ 21,2 %
FPÖ 16,2 %
Grüne 13,8 %
Neos 8,1 %
Liste Jetzt 1,9 %
KPÖ 0,7 %
Wandl 0,5 %
Bierpartei 0,1 %

Die ÖVP konnte im Vergleich zur letzten Nationalratswahl 2017, ein Plus von 6,1 % verzeichnen und hat souverän Platz 1 erobert. Die SPÖ hat mit einem minus von 5,6 % ein desaströses Ergebnis erzielt. Die FPÖ verlor mit 9,8 % mehr Stimmen als vor wenigen Tagen noch erwartet. Die Grünen haben den Wiedereinzug ins Parlament mit einem phänomenalen Plus von 10 % geschafft. Die Neos verbessern sich mit jeder Wahl kontinuierlich nach oben und haben diesmal 2,8 % zugelegt. Die Liste Jetzt fliegt durch ein minus von 2,6 % aus dem Parlament raus.

In Wählerstimmen bedeutet dies für die einzelnen Parteien folgendes:

ÖVP 1.780.976
SPÖ 1.006.749
FPÖ 769.187
Grüne 654.961
Neos 382.329
Liste Jetzt 87.971
KPÖ 32.484
Wandl 21.902
Bierpartei 4.856

Weitere Parteien, welche kandidiert und Stimmen erhalten haben:

GILT 1.756
BZÖ 759
SLP 308
CPÖ 258

Die Mandatsverteilung sieht wie folgt aus:

ÖVP 71
SPÖ 40
FPÖ 31
Grüne 26
Neos 15

Die Gründe für das Wahlergebnis

Die ÖVP darf sich für ihr hervorragendes Wahlergebnis, vor allem beim ehemaligen Koalitionspartner, der FPÖ, insbesondere beim ehemaligen Parteiobmann H.C. Strache bedanken. Das IBIZA-Video, welches mittlerweile Kultstatus erreicht hat, war noch nicht der Schlüssel zum Erfolg. Richtig abgesahnt haben Sebastian Kurz und sein Gefolge, als bekannt wurde, dass dem ehemaligen FP-Parteiobmann seine Gage zu gering war, um seine Miete zu begleichen. Als Klubobmann im Nationalrat hat der arme Mann lediglich ca. 10.000€ netto verdient und da kann man selbstverständlich nicht von ihm verlangen, dass er davon seine Miete in der Höhe von 3.500€ alleine stemmen kann. Er braucht also eine Mietbeihilfe und netterweise hat ihm die FPÖ diese auch gewährt. Welcher meiner Leser*innen bezahlt übrigens nur 35% seines monatlichen Gehalts/Honorars für die Miete? Die meisten von uns müssen dafür einen höheren prozentuellen Betrag hinblättern – ohne finanzielle Unterstützung versteht sich...

Faktum ist, dass Herr Strache auch sonst Schwierigkeiten hatte mit seinem kargen Lohn, ein halbwegs erträgliches Dasein zu fristen. Wir erinnern uns – von seinen etwa 10.000€ Nettoverdienst muss er ja bereits 1.000€ für die Miete bezahlen und samma uns ehrlich – wie bitte schön soll man mit läppischen 9.000€ überleben, wenn die Frau, welche man über alles liebt, eine unersättliche Leidenschaft nach Designer Klamotten und Handtaschen hat? Die FPÖ-Tierschutzbeauftragte hat zudem einen Faible für Pelze und all das zusammen ist für das eigentliche Wählerklientel der FPÖ nicht nachvollziehbar, schon gar nicht dann, wenn man aus oben besagten Gründen, dem FPÖ-Parteiobmann ein Spesenkonto zuspricht, welches monatlich mit 10.000€ gefüllt wird. Es könnte sich allerdings auch um eine Art Mindestsicherung gehandelt haben. Faktum ist, dass sich ein enormer Teil der Wähler*innen der FPÖ vertschüsst hat und bei der ÖVP angedockt hat. Ob es sich dabei, um ein politisches Asyl handelt, kann ich nicht zu 100 % bestätigen, scheint aber durchaus im Bereich des möglichen zu liegen. Warum gerade die ÖVP der Nutznießer der abwanderungswilligen FP-Wähler*innen ist? Weil die ÖVP in der Migrationsfrage beinahe ident mit den Ansichten und Forderungen der FPÖ ist...

Kommen wir weiter zu einer ehemaligen Großpartei – blicken wir zur SPÖ.

Das mit Abstand schwächste Abschneiden der SPÖ bei einer Nationalratswahl – innerhalb von zwei Jahren noch einmal 5,6% Wähleranteil verloren - hat dazu geführt, dass Pamela Rendi-Wagner völlig die Fassung verloren hat und von einer Schmach ihrer Partei sprach, wo der Laden nun ordentlich umgekrempelt gehört... Hoppla, nein, das hat die Pam nicht gesagt. Sie hat nämlich gestrahlt und davon geschwafelt, dass die Richtung stimmt... Ich bin ein bisserl perplex, weil ich ernsthaft glaube, dass Sie das Ernst gemeint hat. Ich frage mich mittlerweile nur noch, ob es das Ziel der SPÖ ist, nach weiteren vier Nationalratswahlen aus dem Parlament zu fliegen. Wenn man darauf spekulieren darf, dass ab sofort alle zwei Jahre gewählt werden muss und die Partei jedes Mal 5,6 % der Wählerstimmen verliert, dann ist es bereits in acht Jahren so weit. Die SPÖ hat jedoch sehr schnell auf das desaströse Wahlergebnis reagiert und den Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda, seines Amtes enthoben. Zu seinem Nachfolger wurde Christian Deutsch ernannt. Deutsch? Wirklich Christian Deutsch? Der Wahlkampfleiter dieses Wahlkampfs, welcher es geschafft hat die Partei auf den schlechtesten Stimmenanteil aller Zeiten zu bringen? Als man ihn gebeten hat das politische Erbe von Thomas Drozda anzutreten, hat Deutsch wohl gefragt: „Wos woar mei Leistung?“ Die Installation von Herrn Deutsch zum neuen Bundesgeschäftsführer ist wahre Satire – das muss einem erst einmal einfallen... Immerhin zeigt diese Handlung, wie ernst es der SPÖ mit der Absicht ist, möglichst schnell aus dem Nationalrat zu fliegen...

Switchen wir nun zur FPÖ. Unbestritten ist diese Partei noch relativ unbeschadet aus der Ibiza-Affaire davon gekommen. Niemand konnte vor wenigen Wochen erahnen, dass Ex-Parteiobmann H.C. Strache endgültig zum Sargnagel der Partei wurde. Ein Spesenkonto in der Höhe von 10.000€ hätte bereits einige Menschen verschnupft und das man dem lieben Bumsti auch noch eine monatliche Stütze für seine Miete in der Höhe von 2.500€ zukommen lässt, wurde vom lieben Stimmvieh auch noch so irgendwie hingenommen. Als sich dann allerdings herauskristallisierte, dass dem lieben Heinzi auch diese Zuwendungen zu wenig waren und er bei der Spesenabrechnung seine Parteifreunde und letztlich die Österreicher*innen betrog, nahm man ihn dann doch schon einigermaßen übel. Das Fass zum Überlaufen hat allerdings gebracht, dass die angeblich ehrenamtlich für den Tierschutz arbeitende Ehefrau Philippa, von der FPÖ ca. 9.500€ überwiesen bekommen hat. Die gute Dame hat sich, ganz tierlieb selbstverständlich, bei Fendi-Pelze eingedeckt und wenn man auch noch eine Handtaschensammlung von Gucci & Co vorzuweisen hat, dann darf man sich nicht wundern, wenn einem die Wähler*innen nicht gerade in Scharen nachlaufen... es handelt sich ja schließlich um eine Partei, welche die Probleme des kleinen Mannes versteht...also ihre Ängste und Sorgen... selbstverständlich auch in finanziellen Angelegenheiten... Ob Herbert Kickl seinem ehemaligen Schützling nach der Wahl, am liebsten einen Schlag aufs Hosentürl versetzt hätte, konnte ich bisher noch nicht eruieren. Fakt ist allerdings, dass H.C.Strache sich – aus Liebe zu seiner Frau – nun angeblich völlig aus der Politik zurückzieht. Erwähnenswert ist diesbezüglich vielleicht auch, dass am selbigen Tag eine neue Webseite das Licht der Welt erblickt hat – sie nennt sich www.liste-strache.at

Am meisten gejubelt haben am Wahlsonntag wohl die Grünen. Ihnen ist nicht nur die Wiedereinzug in den Nationalrat gelungen, sondern sie haben einen exorbitanten Anstieg von Wähler*innenstimmen zu verzeichnen. Selbstverständlich ist dies nicht nur auf die fleißigen Wahlhelfer*innen der Partei zurückzuführen, sondern dieses Wahlergebnis ist vor allem auch ein Verdienst von Greta Thunberg und der „Fridays for Future“ Bewegung, welche weltweit die Massen mobilisiert und ein Bewusstsein für den Klima- und Umweltschutz, geschaffen hat. Die Grünen haben sich endlich wieder auf ihren Ursprung, dem Umweltschutz, besonnen und sind damit die richtige, wahltaktische Linie gefahren.

Die Neos können auf ihr Wahlergebnis stolz sein und sind neben der ÖVP und den Grünen, die großen Wahlgewinner. So manch einer meint vielleicht, dass 8,2% nicht unbedingt ein toller Erfolg sind, aber dem widerspreche ich, denn es ist den Neos immerhin gelungen ihren Stimmenanteil um 50 % zu erhöhen und das ist wahrlich beachtlich.

Der größte Wahlverlierer ist die Liste Jetzt. Parteigründer Peter Pilz hat zwar bis zum Wahlkampfende, bezeichnenderweise auf der Wiener Wies`n, sein Bestes gegeben, aber es hat bei weitem nicht gereicht, um wieder in den Nationalrat einzuziehen. Peter Pilz ist zwar der richtige Mann, um Skandale aufzudecken und Untersuchungsausschüsse zu leiten, aber er ist nicht in der Lage eine Partei zu führen...

Die Frage der Koalition

Die ÖVP sind gemeinsam mit den Grünen, so der oftmals gehörte Tenor, die nunmehr logische Koalitionsvariante. Beginnen wir mit dem Faktum, dass die ÖVP auf alle Fälle abwarten wird, wie die Vorarlberger Landtagswahlen am 13. Oktober ausgehen werden.Wenn wir davon ausgehen, dass es zwischen den beiden Parteien zu Verhandlungen kommt, dann wird es nicht all zu schwer vorstellbar sein, dass die Grünen ihr Umweltschutzministerium, mit mehr Rechten und einem höheren Budget als bisher und auch das Infrastruktur-ministerium bekommen. Da wird garantiert nicht viel diskutiert werden müssen. Wo es sich allerdings gewaltig „spießen“ wird, ist die Frage der Migration. Es ist schwer vorstellbar, dass Sebastian Kurz von seiner harten Linie „Europa muss im Kampf gegen illegale Migration Kurs halten und sehr genau aufpassen, welche Signale es sendet“ abweicht. Ebenso ist es hier fast unmöglich, dass die Grünen, bei diesem Thema, der ÖVP entgegen kommen. Den einzigen Konsens könnte man wohl dort finden, wo es darum Migranten besser zu integrieren – aber ob das reicht? Diese Frage könnte eine Zerreißprobe für die Grünen werden.

Die ÖVP mit der SPÖ

Bitte jetzt nicht gleich lachen, aber die SPÖ ist ja so fern der Realität, dass sie es gar nicht bemerken würde, dass sie sich damit noch schneller ihrem eigenen Untergang nähert. Aus reiner Machtgier, würden sie wohl zu allem Ja und Amen sagen, was der Basti ihnen aufbürdet. So einen billigen Koalitionspartner wird er derzeit sonst nirgends bekommen und daher ist genau diese Koalitions-variante nicht zu unterschätzen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, dass die in den Diskussionen gegenüber dem Basti so angriffslustige Pam, dem Koalitionsangebot zustimmen würde? Sie garantiert auch nicht, aber wenn es ihr der Herr Deutsch nur ordentlich genug eintrichtert, dann wird sie selbst es ebenso für eine grandiose Idee halten und in jedem folgenden Interview zehn Mal darauf hinweisen, dass sie der Koalition wegen der Stabilität für Österreich zugesagt hat...

Die ÖVP mit der FPÖ

Netter Versuch – aber woher soll Sebastian Kurz wissen, wer in der FPÖ in einem Monat das Sagen hat? Das tut er sich jetzt nicht an.

Minderheitsregierung ÖVP

Spannende Idee. Beim Thema Sicherheit die FPÖ, Umwelt und Soziales die Grünen, Bildung die Neos und ein paar Stimmen von überall, Finanzen die Neos und FPÖ...

Was sagt Van der Bellen dazu?

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