Dienstag, 17. Oktober 2017

Die Nationalratswahl 2017 - das vorläufige Endergebnis und seine Auswirkungen

Das Endergebnis ohne Briefwähler sieht folgendermaßen aus:

Liste Kurz 31,4 %
FPÖ 27,4 %
SPÖ 26,8 %
NEOS 5,0 %
Liste Pilz 4,1 %
Die Grünen 3,3 %


Welche Änderungen sind nach der Auszählung der etwa 750.000 Briefkarten noch zu erwarten?

Die Gravierendste dürfte sein, dass die SPÖ noch die FPÖ überholen und sich somit den 2. Platz sichern wird. Extrem unwahrscheinlich ist es, dass die Grünen doch noch den Einzug in das Parlament schaffen werden. Sie schneiden bei den Briefwählern zwar traditionell, überdurchschnittlich gut, aber die Chance die 4 % Hürde zu überwinden, ist durch den enormen Rückstand beinahe unmöglich. Außerdem wird diesmal auch die Liste Pilz viel von diesen Briefwahlstimmen anknabbern.

Was bedeutet dieses Ergebnis für Österreich?

Nichts ist wichtiger, als auf den vorderen Listenplätzen der einzelnen Parteien, ausschließlich Populisten zu haben. Erst dahinter, beispielsweise ab Rang 4, sollte man die fleißigsten „Arbeiter“ einer Partei reihen. Wir haben gerade bei diesen Nationalratswahlen erlebt, dass der wichtigste Grund für die Wähler diesmal die ÖVP, pardon die Liste Kurz die neue ÖVP, zu wählen, der Spitzenkandidat war. Für ungefähr 40 % der ÖVP Wähler war es der Hauptgrund diese Partei zu wählen.

Wer die Massen mit einfachen Slogans begeistern kann, ist der Gewinner. Jemand der noch so akribisch arbeitet, aber nicht in der Lage ist politische Botschaften in wenigen Worten zu verkünden, egal ob sie wahr sind oder nicht, hat in der heutigen Zeit keine Chance bei den Wählerinnen und Wählern. Ob das jetzt gut oder nicht gut ist, kann man gerne diskutieren, aber damit wird keine Wahl gewonnen.

Die Liste Kurz, von mir aus halt ÖVP, hat die Wahlen deshalb gewonnen und auch die SPÖ, welche voraussichtlich Platz 2 belegt und in den Meinungsumfragen schon weit abgeschlagen war, hat einzig und alleine durch den kämpferischen Bundeskanzler Christian Kern und den Wiener Bürgermeister Michael Häupl, ein achtbares Ergebnis herausgeholt. Die FPÖ setzt ihrerseits seit Jahrzehnten auf Populisten und schlägt sich damit von Wahl zu Wahl besser. Herr Strolz von den NEOS mag zwar vielen sehr hektisch und deshalb als Kasperl erscheinen, aber wer kennt schon außer ihm noch andere Politiker der NEOS. Die Frau Griss lassen wir jetzt einmal weg, weil sie ja nicht wirklich zu den NEOS gehört. Sie hat ihren Namen ja lediglich für den Wahlkampf hergegeben.

Wir sind bereits bei Platz 5 bei den aktuellen Nationalratswahlen gelandet, welcher an die Liste Pilz geht. Hier ist der Erfolg einzig und alleine Peter Pilz persönlich zuzuschreiben und schon sind wir bei den Grünen gelandet, welche sich aller Voraussicht nach aus dem Parlament verabschieden müssen. Die Grünen haben auf den ersten vier Plätzen der Bundesliste: Ulrike Lunacek, Werner Kogler, Christiane Brunner und Julian Schmid stehen. Das sind zwar fleißige Arbeiter, allerdings bei weitem keine populistischen Lichtgestalten, welche es in der heutigen Zeit nun einmal braucht, um erfolgreich zu sein.

Aus welchen Parteien wird sich die zukünftige Regierung zusammensetzen?

Eine mehrheitsfähige Regierung könnte derzeit aus ÖVP/SPÖ, ÖVP/FPÖ und SPÖ/FPÖ bestehen. Eine 2/3 Mehrheit mit „der Chance“ auf eine Verfassungsänderung, vor allem was die Befugnisse des Bundeskanzlers betrifft, wäre mit einer 3-er Koalition bestehend aus ÖVP/FPÖ/NEOS möglich. Diese Konstellation ist rein rechnerisch auch mit ÖVP/SPÖ/NEOS möglich, halte ich allerdings für äußerst unwahrscheinlich.

Sebastian Kurz wird bei seinen Regierungsverhandlungen konsequent und mit voller Härte agieren. Er wird mit jener Partei eine Koalition eingehen, welche bereit ist die Hosen am weitesten herunterzulassen. Die FPÖ fühlt sich zwar derzeit sehr sicher und wird, wie sich aus den Ausführungen von Norbert Hofer am Wahlabend ableiten lässt, hohe Anforderungen an die ÖVP stellen. Ob sich Sebastian Kurz darauf einlässt, wage ich zu bezweifeln.

Die SPÖ ist vor allem mit sich selbst beschäftigt und muss zuerst einmal entscheiden, ob es besser ist in irgendeiner Form in der Regierung zu bleiben oder doch in Opposition zu gehen. Rein rechnerisch ist zwar eine Koalition mit der FPÖ möglich, aber wenn man sich die Detailergebnisse der SPÖ ansieht, erkennt man rasch, dass die Wiener SPÖ Zugewinne hat und die SPÖ im Burgenland Verluste hinnehmen musste. Die Wiener SPÖ ist ja entschieden gegen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ und die Burgenländer ja bekanntlich dafür. Eine Koalition mit der FPÖ wäre also diametral zum Wählerwunsch des eigenen Klientels.

Was passiert, wenn die SPÖ in keine Regierung gehen will und die FPÖ mit ihren Forderungen über das Ziel hinausschießt?

Dann könnte die Situation eintreten, dass Sebastian Kurz zur Überraschung vieler, Gespräche mit Matthias Strolz von den NEOS führt und ihm das Amt des Vizekanzlers anbietet. Wer glaubt, dass dies sehr unwahrscheinlich ist mag zwar damit Recht haben, aber es ist auch ein Faktum, dass Herr Strolz, der erste Rhetorik-Trainer von Sebastian Kurz war, als dieser erst fünfzehn Jahre war. Vergessen wir nicht, dass Sebastian Kurz immer von mehr Dynamik und einem neuen Stil gesprochen hat. Er hätte mit den NEOS einen Partner an seiner Seite, welche die ÖVP in den Bereichen Wirtschaft, Europa aber auch der Migrationspolitik unterstützt. Gemeinsam würden sie zwar „nur“ eine Minderheitsregierung bilden, aber dem Parlament könnte auch mehr Verantwortung übertragen werden. Es gilt als durchaus wahrscheinlich, dass es immer wieder wechselnde Mehrheiten gibt. Wenn Sebastian Kurz etwas im Sinne der EU entscheiden will, wird er dabei die Zustimmung der SPÖ bekommen, geht es in der nächsten Frage um das Thema Sicherheit und Migration, werden die FPÖ auf seine Seite hüpfen.

Dieses Szenario wäre auf alle Fälle um vieles besser als jenes, welches eine 3-er Koalition aus ÖVP/FPÖ/NEOS ergeben würde. Die Möglichkeit mit einer durchaus wahrscheinlichen 2/3 Mehrheit an der Verfassung „herumzuschrauben“ und die Rechte des Bundeskanzlers auszuweiten, jene des Bundespräsidenten zu beschneiden oder das Amt ganz aufzulösen, ist zu gefährlich.

Niemand kann sich ernsthaft wünschen, dass der österreichische Bundeskanzler in Zukunft in ähnlicher Art und Weise agieren könnte wie Herr Erdogan in der Türkei, Herr Orban in Ungarn oder Herr Putin in Russland. Vielleicht lässt Sebastian Kurz auch das Mehrheitswahlrecht einführen und sichert der ÖVP damit für die nächsten Jahrzehnte Platz 1 bei den Nationalratswahlen...

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